Erwähnungen
Dear Courtney (2013)
Inhalt
Kritik
Fast auf die Minute genau zum 20-jährigen Todestag desNirvana-Sängers Kurt Cobain kam im April diesen Jahres ein deutscher Coming-of-Age Film in die Kinos, der eine große, universell wichtige Frage aufwirft: Was wäre, wenn „Smells Like Teen Spirit“ aus dem Album Nevermind (1991) gar nicht von Kurt, sondern von einem Nobody aus der deutschen Provinz verfasst wurde? Die Geschichtsbücher müssten neu geschrieben werden. Dieser Thematik nimmt sich „Dear Courtney“, das Erstlingswerk der Regisseurs Rolf Roring, an.
Die Geschichte ist schnell erzählt: Der unscheinbare Paul (17) ist bereits seit Jahren in die schöne Saskia verliebt. Doch alle Versuche, Saskias Herz mit Musik zu erobern, schlugen fehl. Bis Paul eines Abends in seinem stillen Kämmerlein einen Song schreibt (und ihn als Demotape an eine Plattenfirma schickt), der später durch die Grunge-Band Nirvana international zum Megahit werden wird. Was nun folgt ist eine Odyssee durch viele deutsche Städte, in denen Nirvana im Jahr `91 spielten.
Wie sich an der Kurzzusammenfassung des Films bereits erkennen lässt, richtet sich der Film an Fans bzw. Kenner der Band Nirvana. Das trifft bekanntlich auf jeden zu, der nach 1990 mal jung war. Denn Nirvana gehört geradezu zwingend zu den Bands, die jeder irgendwann mal gehört hat. Auf der Reise zu den Spielstätten von Nirvana macht Protagonist Paul eine unglaubliche Verwandlung durch, die selbst Gregor Samsa mit Erstaunen aufmerken lassen hätte. Vom unscheinbaren jungen Mann entwickelt er sich ohne äußere und nur marginale innere Veränderung nämlich zum wahren Frauenschwarm. Diese Verwandlung ist der Geschichte geschuldet, die leider selten den sicheren Hafen der konventionellen Erzählstruktur verlässt und lieber gute 90 Minuten vor Ort Anker liegt. Es wirkt fast so, als hätte man im Lexikon die Worte Roadtrip und Teenie-Love-Story nachgeschlagen und daraus einen Film gemacht.
Dabei sind uns die Charaktere, deren Motive und die Entwicklung, die sie durchlaufen, relativ egal. So wandelt sich das anfängliche Desinteresse Saskias im Laufe des Films natürlich in ein offenes Interesse; gar einen Besitzanspruch. Leider kommt sie dabei einer anderen Anwärterin gefährlich nahe, denn Paul ist, trotz fehlender Eigenschaften, zum Frauenmagnet mutiert. Das wirkt alles so arg konstruiert, dass jede Form der Realitätsnähe abhandenkommt. Die restlichen Charaktere stammen leider auch aus dem Bestseller „Das Beste aus 100 Jahren Klischee“. Wirklich Mühe hat man sich nicht gegeben, einigermaßen interessante Charakter zu zeichnen. Die Story wird’s schon richten, oder? Es geht ja schließlich im Nirvana, einer der coolsten Bands aller Zeiten. Apropos Nirvana: Die haben den Weg in den Soundtrack leider nicht geschafft, lediglich eine Coverversion läuft am Anfang des Films. Dies lässt sich wohl damit erklären, dass die Rechteinhaber zu hohe Lizenzgebühren für eine Low-Budget Produktion verlangt haben. Das ist sehr schade, so fanden nämlich nur sehr vereinzelt bekanntere Stücke, beispielsweise der „Dead Kennedys“ Einzug in den Soundtrack.
Zwar kann man den Film nicht ohne schlechtes Gewissen als Totalreinfall bezeichnen, er ist leider aber auch weit davon entfernt, als gut bezeichnet zu werden. Das liegt zum einen an der etwas hanebüchenen Geschichte, zum anderen aber auch an den Schauspielern, denen teilweise einfach das Quäntchen Talent fehlt. Das ist beispielsweise Klaas Heufer-Umlauf, der omnipräsente Privatfernsehmoderator. Man wird einfach das Gefühl nicht los, als hätten es die Macher lediglich auf seine Popularität abgesehen, indem man seinen Namen groß auf das Filmplakat abdruckt. Die von ihm verkörperte Rolle hätte auch von (fast) jedem anderen verkörpert werden können. Sein Sidekick Joko hat übrigens auch einen Auftritt, und zwar als Kurt höchst selbst. Mehr als die blonden Haare und hakeliges Englisch bekommt man aber nicht zu sehen/hören.
Fazit
Kritik: Magnus Knoll
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