Man gewinnt oftmals den Eindruck, dass uns amerikanische Blockbusterproduktionen weismachen wollen, dass der Heldenmut des jeweiligen Protagonisten inhärent als genetische Veranlagung vorliegt: Man wird dort seiner Identität schlicht und ergreifend gerecht. Dass diese Helden zwar noch im Verlauf der Handlung über sich hinauswachsen müssen, um ihren glorreichen Status einzuheimsen, tut nichts zur Sache – Tapfer bis zum Gehtnichtmehr sind sie von Beginn an. Sylvester Stallone als Kit Latura ist in „Daylight“ ein märtyrerischer Stereotyp dieser Sparte. Auch wenn sein Stammbaum nicht auf amerikanische Wurzeln zurückgreifen kann, vereint Kit all das, was wir im Kino nur zu gerne sehen, um es anschließend nach Strich und Faden zu diffamieren. Rob Cohens „Daylight“ ist aber in seiner filmischen Gesamtheit ohnedem eine professionell vorgeführte Nummernrevue an Klischees und noch mehr Klischees. Und warum auch nicht? Im Unterhaltungssegment geht es zumeist nicht um eine mehrwertig konnotierte Cineastik, sondern um den direkten Spaß an der schmissigen Sache.
Kit ist also klare Held der Geschichte, so viel steht fest, und wie es so eine obligatorische Helden-Dramaturgie nun mal verlangt, müssen Zweifel an seiner Person geschürt werden, seine (ehemalige) Fehlbarkeit in den Fokus rücken, um dann hinten raus den ganz großen Macker zu mimen: „Ich lasse hier Niemanden zurück!“. Nicht einmal den sabbernden Köter einer Mitgefangenen, wie sich in einer besonders beknackten Szene herausstellen wird. Dass Silvester Stallone den unabdingbaren Heroen-Typus beherrscht, muss hier keineswegs betont werden, angenehm ist es hingegen, wie Stallone – für seine Verhältnisse – agiert: Anstatt sich zwingend in den Vordergrund zu spielen, beweist er mit seiner zurückhaltenden Performance, dass er – selbst in einer solch übersteigerten Rolle – zu leiseren Tönen in der Lage ist. Flankiert wird er von Darstellern wie Amy Brenneman, Viggo Mortensen, Dan Hedaya oder Jay O. Sanders, die alle mal durch den glühenden Tunnel wuseln und Kit befreiende Lösungsvorschläge abringen.
Aber nun zum wohl interessanten Aspekt, wenn wir es denn schon mit einem Katastrophen-Film zu tun bekommen: Geht die Lutzi denn ordentlich ab? Nun, wenn das Auto der Juwelendiebe in einen Chemikalien transportierenden LKW-Konvoi rast, entfacht das ein Inferno, welches die damalige Möglichkeiten an Pyrotechnik wohl bis zum Anschlag ausgereizt hat: Enorme Explosionen bersten in krachender Geschwindigkeit los, alles steht unter Feuer, der Bildschirm versinkt in einem einzigen Flammenmeer. In diesen Minuten wartet „Daylight“ tatsächlich mit arretierenden Schauwerten auf; auch später, unterhalb der Tunneldecke, wenn unsere Gruppe nicht nur dem Feuer, sondern auch giftigen Gasen und Unmengen an Wasser ausgeliefert sind, weiß Rob Cohen immer mal wieder vereinzelnd stimmige Augenblicke zu generieren, die die kollektive Panik der Extremsituation gut einfangen – Nicht zuletzt durch die sich ständig auftragende, aber auch gerne attitüdenhaft wirkende Gruppendynamik. „Daylight“ hat damit zu ringen, dass er seine Höhepunkt falsch proportioniert, was sich ersichtlich an der Spannungskurve erkennbar macht, die mehr brüchig denn beständig erscheint.
Das Setting hätte sich zweifelsohne hervorragend für ein düster-klaustrophobisches Survival-Chaos geeignet, Rob Cohen aber holt aus „Daylight“ nur das Nötigste heraus, ist nicht an psychologischen Prozessen, sondern an transparenten Blockbuster-Formeln interessiert. Da kommt es dann auch gerade recht, dass Randy Edelmans Komposition vollständig in den Seilen hängt. Nie schafft seine musikalische Untermalung es, das Geschehen zu akzentuieren, nie wird durch ihn die Atmosphäre intensiviert, stattdessen versucht er es mittels dumpfen Pathos-Hau-Drauf-Klängen die Szenerie aufzubauschen, obwohl es schlichtweg nichts zum Aufbauschen gibt. Im Endeffekt aber ist „Daylight“ ein durchaus kompetent gedrehter Film, er hat seine Mängel, das ist offensichtlich, als nette 1970er-Jahre-Katastrophen-Reminiszenz aber durchaus geeignet.