„Ich möchte dir nicht wehtun. Ich will nur dein Blut sehen.“
Es ist mehr Bürde als Starthilfe im selben Business fußfassen zu wollen, wenn der werte Herr Papa dort eine Legende ist. Zweifelsohne ist Lamberto Bava („Dance of the Demons“) bis heute den Beweis schuldig geblieben, dass er seines Erzeugers Mario Bava („Blutige Seide“) ebenbürtig ist, das wird ihm auch in diesem Leben wohl kaum noch gelingen. Undankbar, wenn der eigene Vater gleichzeitig der des italienischen Genrekinos ist; ohne den es in dieser Form wohl kaum einen Dario Argento („Suspiria“) oder Lucio Fulci („Woodoo – Die Schreckensinsel der Zombies“) nach sich gezogen hätte. Der Vergleich mag unfair sein, aber er muss sich ihm stellen. Besonders bei „Das Haus mit dem dunklen Keller“, bei dem der „kleine“ Bava alles auffährt, was er in seinen Lehrjahren in Daddy’s Crew so aufgeschnappt hat. Und nicht nur dort…
Als der Giallo an sich schon deutlich seinem Ende entgegen hinkte, versucht Lamberto Bava mit seiner zweiten (eigenverantwortlichen) Regiearbeit, den Geist alter Tage aufleben zu lassen. Und liefert dabei ein reichhaltiges Zitat- und Referenzfeuerwerk ab, das eigentlich spannender, interessanter ist als der Film an sich. Dieser definiert sich glasklar nicht über sinnvolle Textzeilen („Sie war besessen von Tennisbällen. Es war ein Albtraum!“ oder, auch schön, folgender Dialog: -„Ist das der ganze Whiskey, den du im Haus hast?“ –„Die Flasche ist leider leer, aber ich kann dir einen Tee, Joghurt oder Kaffee anbieten.“), einen gänzlich (bzw. ganz und gar nicht) von Unsinn befreiten Plot oder astreine, darstellerische Leitungen. Einzig beachtenswerte Fußnote bezüglich des Cast ist nur die mal etwas größere Rolle von Dauerstatist Michele Soavi, der später als Regisseur von dem sehenswerten „The Church“ und besonders dem brillanten Kleinod „Dellamorte Dellamore“ auf sich aufmerksam machen sollte. Darauf reduziert fällt es leicht, „Das Haus mit dem dunklen Keller“ mit einem spöttischen Lächeln durchzuwinken, doch wenn Giallo nur das wäre, der dunkle Keller mit Karteileichen wäre überfüllt.
Rein handwerklich und auf die Genre-bedingten Schwerpunkte konzentriert ist das Werk vom Bava-Bambino nämlich alles andere als schlecht, im Gegenteil. An die visuelle, atmosphärische Genialität von Papi kommt er nicht heran, spielt dafür recht tollkühn mit mehreren anderen Vorbildern und kreiert daraus, trotz nicht zu leugnender Schwächen, einen speziellen Reiz, der bis zum Ende bei der Stange hält. Durchgehend mit einer nicht besonders subversiven, aber dennoch angehauchten Meta-Ebene versehen. Der eigentliche Opener ist nur der eines Film im Film, der dafür komponierte Score wird zum eigenen Main-Theme, die Arbeit an einem „fiktiven“ Giallo wird zum Puzzleteil in einem „realen“. Dabei wird quer durch die filmische Sozialisierung des Regisseurs stibitzt, da sind (natürlich) nicht nur Super Mario, sondern auch Dario Argento und besonders Brian De Palma und dessen Arbeiten „Dressed to Kill“ wie „Blow Out – Der Tod löscht alles Spuren“ nicht sicher, die sich wiederum selbst auf Alfred Hitchcock („Psycho“) und Michelangelo Antonioni („Blow Up“) beziehen. Und selbst diese somit indirekten Blaupausen sind klar zu erkennen. Das macht diesen Film so schmackhaft, zu einer Art Cineasten-Gulasch mit Ketchup, der trotz ranzigem Beigeschmack wunderbar flutscht.
Schön mysteriös und rätselhaft verkauft sich die Story zu Beginn, enthält aber schon da kuriose Sequenzen, wie die notgeile Nachbarin, die mit ihrem bedrohlichen Tagebuch mal einfach so aus dem Wandschrank des Protagonisten plumpst. Wieso, weshalb, warum, wer zu viel fragt bleibt trotzdem dumm. Da kann der Film aber bereits eine gewisse Faszination aufbauen, die nicht durch reichlich merkwürdige Aktionen, Schlussfolgerungen (die meist erschreckend zutreffend sind), dezente Längen und ein gar nicht mal so überraschendes Tätersuchspiel (ist es der betont langweilige Hausverwalter, der betont ganovige Hausmeister, die betont eifersüchtige Freundin…und wer ist eigentlich Linda?!) zerstört werden kann. Der Bodycount fällt recht niedrig aus, dafür zeigt Bava Junior besonders bei der Badezimmerszene, dass er was das betrifft kein Kind von Traurigkeit ist. Allein deshalb ist der Film wohl aktuell noch immer nicht für den freien Verkauf erhältlich. Und das ein Film seinem Regisseur buchstäblich und physisch den Atem raubt, ist eine herrliche Idee.