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Los Angeles, 1992: Ausgelöst durch den Rodney-King-Prozess, erlebt die Metropole die schwersten Rassenunruhen in der Geschichte der USA seit der Black-Panther-Bewegung in den 60ern. Während auf den Straßen der Stadt zahlreiche Afro-Amerikaner gegen ihre angebliche Unterdrückung rebellieren, kämpft Assistent Chief Holland (Ving Rhames) gegen seinen Chef, Detective Eldon Perry (Kurt Russell), der die Gerechtigkeit auf eigene Faust durchzusetzen gewohnt ist.
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Quelle: themoviedb.org

Kritik

Die Karriere von Regisseur & Autor David Ayer begann einst relativ vielversprechend und vor allem erfolgreich, in den letzten Jahren hat sie deutliche Dellen bekommen. Schon Sabotage und Herz aus Stahl (beide 2014) wurden kontrovers aufgenommen und spalteten das Publikum massiv, ehe mit Suicide Squad (2016) und The Tax Collector (2020) unumstrittene Voll-Flops folgten. Auch sein aktueller Film The Beekeeper (zu dem er aber nicht das Drehbuch beisteuerte) kann gelinde gesagt maximal nach dem Motto „muss man schon ein Faible für haben“ noch irgendwie durchwinken (um mal sehr, sehr solidarisch zu bleiben). Das sah am Anfang seiner Laufbahn mal kurzzeitig anders aus. Dabei ließ sich eine ausgeprägte Affinität zum Dirty-Cop-Genre erkennen, denn auf seinen großen Durchbruch – dem Skript zu Training Day (2001) – folgten u.a. sein Regiedebüt Harsh Times – Leben am Limit, Street Kings (hier nur Regie), End of Watch (2012) und eben Dark Blue, bei dem er eine Romanvorlage von James Ellroy (L.A. Confidential) adaptierte. Die Regie übernahm Ron Shelton, der zuvor eher durch Sportkomödien wie Weiße Jungs bringen’s nicht (1992) oder Tin Cup (1996) mehr oder weniger bekannt geworden war und nach diesem Film auch nur noch den Flop Hollywood Cops (2003) folgen ließ, seitdem ist er von der Bildfläche verschwunden. Dabei kann dies sogar als seine beste, definitiv seine reifste Arbeit als Regisseur bezeichnet werden. Schade, dass er so etwas nicht öfter zeigen durfte.

Die Handlung spielt in Los Angeles und beginnt am 24. April 1992. Fünf Tage vor dem Freispruch vier Polizisten des LAPD, die wegen der unverhältnismäßigen Misshandlung von Rodney King Monate zuvor angeklagt wurden. Das medienwirksame und skandalöse Gerichtsurteil sorgte für schwere Ausschreitungen und Massenunruhen in den Straßen von LA, an deren Ende über 50 Todesopfer und über eine Milliarde Dollar Sachschäden zu Buche standen. In dieser enorm angespannten Phase wird ein fiktives, aber unter den zeitaktuellen Umständen repräsentatives Szenario konstruiert, das sich mit tief verwurzeltem Rassismus und reaktionärer Polizeigewalt auseinandersetzt. Eldon Perry (Kurt Russell, Fast & Furious 9) ist ein Polizist der dritten Generation, der noch nach der Devise handelt „erst schießen, dann auch nicht fragen“. Dieses Verhalten wurde ihm nicht nur anerzogen, sondern von seinen Vorgesetzten – aktuell der ehemalige Partner seines Vaters, Van Meter (Brendan Gleeson, The Banshees of Inisherin) – stets befürwortet und eingefordert. Interne Untersuchungen gehören schon zur lästigen Routine und werden souverän dank eines loyalen Klüngels auf allen Ebenen im Keim erstickt. Lediglich der farbige Lieutenant Holland (Ving Rhames, Pulp Fiction) möchte Licht ins Dunkel bringen und ist Van Meter ein Dorn im Auge. Das Zünglein an der Waage könnte ausgerechnet sein Neffe und der neue Protegé von Perry, Bobby Keough (Scott Speedman, The Strangers) sein, der sich zwar bemüht in die Truppe einzufügen, aber im Gegensatz zu seinen Mentoren noch über ein Gewissen verfügt.

Eine Innovationspreis gewinnt Dark Blue mit Sicherheit nicht, denn schlussendlich erzählt er die typische Good-Cop-Bad-Cop-Story, nur dass die Bösewichte hier eindeutig in der Überzahl sind. Eingebettet in den zeitlichen Kontext ist dies natürlich ganz geschickt, da sich dadurch exakt diese aufgeladene Pulverfassstimmung zu Nutze gemacht wird und den Plot zusätzlich befeuert wie mit einer gewissen Authentizität anstreicht, die letztlich aber auch nicht viel mehr ist als reine Kulisse. Dennoch funktioniert das zweifellos und gibt dem Ganzen noch etwas mehr Dringlichkeit, da es sich nicht willkürlich anfühlt und besonders im Finale natürlich für eine noch intensivere Dynamik sorgt. Die Inszenierung des, wie schon erwähnt, diesbezüglich praktisch unerfahrenen Ron Shelton wirkt überraschend abgeklärt und die bitter-destruktive Grundstimmung zieht sich von Anfang bis Ende sehr konsequent durch. Da lässt sich nichts ernsthaft bemängeln und wäre Scott Speedman nicht so ein erschreckend blasser Totalausfall, Dark Blue würde auch darstellerisch ganz vorne mit dabei sein. Der Kerl kratzt ganz hart an der Fehlbesetzung und muss massiv von seinen Kollegen aufgefangen werden, dies leisten dafür ganze Arbeit. Brendan Gleeson und Ving Rhames meistern das bereits akkurat, aber Kurt Russell holt hier in vielerlei Hinsicht die Kohlen aus dem Feuer. Da muss es gar nicht zwingend auffallen, dass sein Charakter eine viel zu schlagartige Kehrtwende nimmt und sich binnen Tagen (eigentlich nur Stunden) vom Saulus zum (beinah)Paulus transformiert. Denn er spielt das so gut, intensiv und glaubhaft, man möchte es einfach kaufen. Und mehr kann ein Schauspieler in dieser Position kaum erreichen.

Fazit

Ein handwerklich astreiner und im zeitlichen Kontext geschickt installierter Polizeithriller, dessen einzig echter Schwachpunkt sein zu blasser Co-Star ist. Das nicht wirklich innovative Drehbuch lässt sich unter dem Aspekt „Genre-Film“ problemlos durchwinken, denn mehr als das ist „Dark Blue“ trotz eines gewollten Anspruchs und der hochwertigen Produktion (bei auch „nur“ 15 Millionen Dollar, heutzutage vergleichsweise echt wenig) natürlich nicht. Dafür passt die Stimmung, dass narrative Tempo und Kurt Russell liefert eine fantastische Performance. Verglichen mit allen David Ayer-Filmen der letzten Jahre ein (persönlicher) Meilenstein.

Kritik: Jacko Kunze

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