Immer mehr verdichtet sich die Vermutung, dass Robert eine Affäre hat. Ungewöhnlich lange Arbeitstermine, harsche Reaktionen und Geflüster am Telefon treiben seine Ehefrau in den schieren Wahnsinn und rauben ihr den Schlaf. Schließlich hält sie es nicht mehr aus und verfolgt ihn zu einem abgelegenen Haus, in der Hoffnung, endlich Klarheit zu bekommen. Was sie jedoch vorfindet, sprengt alle Vorstellungskraft. Robert pflegt in seiner Freizeit ein blutiges Hobby, das keinerlei Grenzen kennt!
Kritik
Es ist eines der ältesten Motive der Filmgeschichte: Der Betrug. In der Tradition des Thrillers speist sich dieser Betrug nicht nur aus der kriminalistischen Gaunerei, sondern auch aus dem Vertrauensmissbrauch, dem sich vor allem Pärchen gerne einmal hingeben. Ob wir dabei von dem 1930er Jahre Klassiker Der blaue Engel mit Marlene Dietrich in der Hauptrolle sprechen oder auch auf den nicht minder herausragenden Der Eissturm von Ang Lee hinweisen. Täuschung ist ein fester Bestandteil innerhalb der Dunkelkammer des Lichtspielhauses – und weidet sich letztlich vor allem an moralischen Dilemmata, mit denen die involvierten Parteien im Verlauf der Handlung zu ringen haben. Der spanische Regisseur Ángel González greift diesen Topos in seinem Debütwerk Compulsion ebenfalls auf und geleitet dabei die Form über den Inhalt hinaus.
Roberts (Paco Manzanedo, Auferstanden) Frau (Mariana Esteve, La Riera) wird von dem Verdacht eingeholt, dass ihr Mann womöglich eine Affäre hat. Wir als Zuschauer wissen, dass sich diese Vermutung bewahrheitet, bemüht Ángel González doch zu Beginn eine multi-perspektivische Erzählstrategie, die beide Seiten des Ehepaares beleuchtet. Da sehen wir erst Robert, wie er mit einer aufreizend gekleideten Dame (Susana Abaitua) zu seinem zweiten Wohnsitz fährt. Kurz darauf nimmt der Film den Blickwinkel seiner „Liebsten“ ein und dokumentiert, wie sie sich daran versucht, ihren „Liebsten“ zu observieren – und möglicherweise in flagranti beim Fremdgehen zu entlarven. Und auch wenn dieser narrative Kniff durchaus interessant ist, verebbt dessen Wirkung in Compulsion recht schnell, weil González dieses Konzept urplötzlich fallen lässt. Gerade dann, wenn der Zuschauer vermutet, dass sich ein weiterer Charakter ins Geschehen einmischen wird.
Natürlich möchte Robert nicht nur einfach einen flotten Seitensprung ausleben, seine Triebe sind weitaus düsterer Natur: Wo hier Lust zentriert scheint, gedeihen in Wahrheit erschreckende Abgründe. Dass Regisseur Ángel González primär das französische und südkoreanische Genre-Kino als Inspirationsquelle anführt, erscheint im ersten Moment als etwas zu hoch gegriffene Referenzen, allerdings definiert sich Compulsion genauso über seinen kontinuierlich pulsierenden Bewegungsdrang, wie es Alexandre Aja in High Tension und Na Hong-jin in The Chaser ebenfalls zu tun pflegten. Sicherlich darf man nun nicht mit der Erwartung an Compulsion herantreten, dass sie sich auf einem ähnlichen Niveau befinden wie die erwähnte Werke, stattdessen muss man González' Low-Budget-Debüt als solide Stilübung verstehen, in der die Liebe zum Genre-Film auf einer rein formalistischen Ebene zum Ausdruck gebracht werden soll.
Fazit
Das womöglich Interessanteste im Zuge auf "Compulsion" ist vermutlich die Frage, wohin sich der Werdegang des Regisseurs in Zukunft entwickeln wird, denn handwerklich hat es Ángel González durchaus drauf. Inhaltlich verbleibt "Compulsion" minimalistische Dutzendware, bemüht den obligatorischen Geschlechterkampf und offenbart mit fortschreitender Laufzeit einer immer fiesere Tonart (die Zweckentfremdung eines Schwangerschaftstests wird wohl länger im Gedächtnis bleiben als der Rest des Films).
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