Inhalt
Das Ehepaar Rolf bezieht samt Sohn und Tante Elizabeth für den Sommer das Landhaus des recht seltsamen Ehepaars Allardyce. Das Haus ist recht günstig, einzige Auflage ist die Versorgung der alten Mrs. Allardyce im Dachzimmer des Hauses, die man jedoch nie zu Gesicht bekommt.Doch schon bald verwandelt sich die Idylle in einen Alptraum.Ben Rolf träumt von einem alptraumhaften Chauffeur, die Stimmung unter den Rolfs wird angespannt, Tante Elizabeth stirbt plötzlich und dann ertrinkt der Sohn beinahe im Swimming Pool. Als die Familie in Panik das Haus verlassen will, geschieht Unglaubliches...
Kritik
Der in der Regel nur für das Fernsehen tätige Regisseur Dan Curtis (The Night Strangler) schuf mit Landhaus der toten Seelen 1976 einen oft unterschätzen Beitrag zum klassischen Haunted-House-Genre, der sich tatsächlich kaum hinter den großen Taten dieses Fachs verstecken muss. Im Gegenteil, denn in vielerlei Hinsicht bewegt er sich locker auf Augenhöhe mit Klassikern wie Bis das Blut gefriert von Robert Wise oder auch Das Grauen mit George C. Scott. Parallelen, speziell zu dem erstgenannten Werk, sind klar zu erkennen, ohne als Plagiat durchzugehen. Dort wie hier geht das Grauen nicht etwa von dämonischen Kräften oder Geistererscheinung in einem Haus aus, es ist das Gebäude selbst.
Ein viktorianischer Landsitz, von dem eine unerklärliche Anziehungskraft wie diabolische Energie ausgeht, die Protagonisten verführt und gleichzeitig mit ihren innersten Ängsten konfrontiert. Von einem ruhigen, idyllischen Beginn schaukelt sich das Geschehen langsam hoch, die vorbildliche Bilderbuchfamilie entfremdet sich und verliert sich immer mehr in dem nicht greifbaren, leisen Grauen, das hinter der imposanten Kulisse des Sommerdomizils lauert. Der behutsame Aufbau von Dan Curtis mag für heutige Sehgewohnheiten nicht rasant genug sein, macht dabei jedoch erst die schleichende Faszination aus. Klassische Gruselfilmmotive, Suspense und eine immer dichter werden Atmosphäre - unterstützt durch den punktgenauen Score von Robert Cobert - schnüren ein von leiser Hochspannung getragenes Paket zusammen, das keine grossen Paukenschläge oder heute schon fast unvermeidliche Jump-Scares beinhaltet.
Statt auf kalkulierte Schockmomente setzt Curtis auf die Bereitschaft des Zuschauers, sich eher dezent zu gruseln, der Figurenentwicklung und dem Handlungsverlauf konzentriert zu folgen, um ihn schließlich erst zum Schluss mit einem kleinen Knall zu entlassen, der zwar nicht ganz überraschend, dafür ungemein konsequent daherkommt und dadurch noch einige Minuten nachwirkt. Speziell auf der Figurenzeichnung liegt - für so einen Genrefilm - ein hohes Mass an Bedeutung. Irren heute oft mindestens ein halbes Dutzend austauschbarer Pappfiguren durch ein Spukhaus, nur um im Minutentakt als Kanonenfutter herzuhalten, braucht Landhaus der toten Seelen gerade mal vier Hauptfiguren, deren Ableben nicht mal selbstverständlich erscheint.
Das Mitfiebern mit ihnen bezieht sich nicht auf die Frage, wer von ihnen wohl überleben wird, sondern ob es sie überhaupt erwischen muss. Ihre Charakter-fokussierte Darstellung und Entwicklung während des Films lässt eine tiefere Bindung zu ihnen aufbauen, als in vergleichbaren Beiträgen üblich. Dementsprechend wichtig ist der Cast. Karen Black (mit ihrem manchmal irritierenden Silberblick) und Oliver Reed als sich in verschiedene Richtungen entwickelndes Ehepaar sind hervorragend, das Highlight ist jedoch abermals Bette Davis, obwohl nur mit einer Nebenrolle ausgestattet. Eine erneut fantastische Leistung dieser Grande Dame. Eine Extraerwähnung gibt es noch für "den Chauffeur" Anthony James, der zwar keine einziges Wort sagen darf, dafür eines der schaurigsten Grinsen an den Tag legt, die es jemals zu sehen gab.
Fazit
"Landhaus der toten Seelen" gleicht einem guten Wein. Liegt etwas Staub auf der Flasche, aber ruhig runterpusten, öffnen, atmen lassen und dann langsam genießen. Ein edler Tropfen, immer noch.
Autor: Jacko Kunze