Was am Kino der 90er (vor allem rückwirkend betrachtet) so toll war? Da wurde noch recht schlichten Genre-Geschichten das Vertrauen geschenkt, nicht nur irgendwo im Videothekenregal (= Streaming-Untiefen) zu versauern, sondern sie wurden noch mit einem vernünftigen Produktionsvolumen bedacht, damit selbst weniger bekannte Regisseure sich damit auf der Kinoleinwand profilieren konnten. Ging nicht immer gut – wohl auch ein Grund, warum das in den folgenden Dekaden deutlich weniger wurde -, aber manchmal erwies sich das als echter Glücksgriff und sogar Karrieresprungbrett. Niemand kannte vorher Jonathan Mostow, der bei Breakdown nicht nur Regie führte, sondern seine eigene Idee auch noch gemeinsam mit Sam Montgomery (U-571) zu einem gemeinsamen Drehbuch verfasste. Danach blieb der große Folgeerfolg leider aus, was wohl an der herben Enttäuschung namens Terminator 3 – Rebellion der Maschinen lag. Über den kann es wohl auch kaum zwei Meinungen geben, aber im positiven Sinne auch kaum über Breakdown, der zwar keinen Innovationspreis gewinnt, aber sich in seinem klar definierten Rahmen praktisch keine Blöße gibt.
In knapp über 90 Minuten (auch so eine schöne, völlig in Vergessenheit geratene Laufzeit) wird keine Zeit mit Nebensächlichkeiten verplempert, sondern ein Plot ganz konsequent und sinnvoll aufgebaut. Das Ehepaar Jeff (Kurt Russell, Das Ding aus einer anderen Welt) und Amy Taylor (Kathleen Quinlan, Apollo 13) wird nach einer Autopanne mitten in der Wüste getrennt, nachdem sie dem hilfsbereiten Trucker Red (J.T. Walsh, Verhandlungssache) zusteigt, um an der nächsten Raststätte Hilfe zu holen. Nach kurzer Zeit bekommt Jeff die Karre doch noch flott und will Amy eigentlich nur am besagten Treffpunkt aufgabeln, doch von ihr fehlt jede Spur. Als er kurz darauf Red wiedertrifft, bestreitet der vehement, Amy mitgenommen und sogar die beiden je getroffen zu haben. Jeff’s verzweifelten Versuche, die Polizei auf seine Seite zu ziehen sind erfolglos, schließlich gibt es keine Indizien für ein Verbrechen. All das findet aber lediglich im ersten Drittel dieses (nochmal: sehr angenehm) schlanken Films statt, danach wird relativ schnell Nägel mit Köpfen gemacht.
Sicherlich hätte es vielleicht sogar den größeren Reiz gehabt, die paranoide Suspense-Schraube bei Breakdown noch viel weiter zu drehen. Damit zu spielen, ob Jeff hier einem großen Missverständnis unterliegt oder gar den Verstand verloren hat, nur dafür ist die hier präsentierte Ereignislage (außer, man geht in den komplett surrealen oder absurden Bereich) eigentlich auch viel zu eindeutig. Dass Jonathan Mostow diesen Ansatz nach gut einer halben Stunde begräbt, scheint nur kurz wie eine vertane Chance, denn auf was hätte das hier noch groß hinauslaufen sollen? Ab jetzt gibt es kein Netz und doppelten Boden mehr (naja, fast…), stattdessen einfach einen straighten Road-Movie-Thriller, der das was er anpackt, extrem kompetent und effektiv umsetzt. Auch speziell aus heutiger Sicht wirkt es beinah erfrischend angenehm, dass sich gar nicht erst an „überraschenden“, dabei aber meist auch völlig hanebüchenen Twists selbst das Standbein weggegrätscht wird, sondern ab einem gewissen Punkt sehr eindeutig definiert wird, mit was man sich nun ausschließlich auseinanderzusetzen hat. Und das ist in seiner Simplizität optimal auf den Punkt gebracht, sei es inhaltlich wie von der Inszenierung.
Der Film tritt niemals auch nur für einen Sekundenbruchteil auf der Stelle (schon wieder eine praktisch vergessene Kunst), hat ein nahezu ideales, narratives Tempo und profitiert eindeutig von seinem Setting wie den damals noch zeitlichen Umständen. Im digitalen Zeitalter müssten man sich noch irre viel ausdenken, warum das so noch funktionieren könnte, 1997 alles kein Logikproblem. Die halten sich generell auch für damalige Verhältnisse auch in Grenzen, da der Figurenkreis clever überschaubar gehalten wird und viel mit der Ausweglosigkeit und Überforderung des Protagonisten hantiert wird. Perfekt verkörpert von Kurt Russell, der den unfreiwilligen Action-Helden von nebenan wesentlich authentischer darbieten konnte als die meisten der üblichen Verdächtigen ihrer Zeit. Dem nimmt man diesen Durchschnittstyp am erzwungenen Maximum seines Überlebensinstinktes voll ab, weil er einfach auch ein guter Schauspieler und nicht nur eine coole Genre-Maschine ist. Der Pot bleibt in seinem beengten Konstrukt auch aufgrund dessen immer plausibel (genug), die handwerkliche Inszenierung ist vortrefflich und insbesondere der krasse Showdown – komplett ohne CGI – ist diesbezüglich ein erstaunlicher Banger.