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Inhalt

Der 20-jährige Daniel durchläuft im Jugendgefängnis eine spirituelle Wandlung. Er möchte nach Entlassung unbedingt Priester werden, doch eine Aufnahme ins Priesterseminar wird ihm wegen seiner Gefängnisstrafe verwehrt. Auch seine Lehrer als Schreiner kann ihn von seiner Berufung nicht abhalten. Kurzerhand verkleidet er sich als Gottesmann und nimmt sich einer kleinen Dorfgemeinde an, die einen Seelsorger braucht.

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Quelle: themoviedb.org

Kritik

Hat nicht jeder eine zweite Chance verdient, um in diesem Leben glücklich werden zu dürfen? Dieser Frage widmet sich Jan Komasas (Suicide Room) neuer Film Corpus Christi: Daniel (Bartosz Bielenia) musste nach einem Vorfall schwerer Körperverletzung seine Strafe im Jugendgefängnis absitzen. Dort machte er einen Sinneswandel durch und fand zum religiösen Glauben, den er in seiner zurückgewonnenen Freiheit so intensiv es nur möglich ist ausleben möchte. Eine Aufnahme im Priesterseminar bleibt ihm jedoch verwehrt, da die Kirche keine Vorbestraften für diese Lehre zulässt. Stattdessen wird ihm dazu geraten, im Alltag ein christliches Leben zu führen und so die Nähe Gottes zu suchen. Daraufhin tritt er in einer kleinen Dorfgemeinde eine Lehre als Schreiner an, wittert jedoch bald die einzigartige Chance, sich als Gottesmann zu verkleiden. Das Unterfangen gelingt und die Gemeinde glaubt an die Rolle des 20-Jährigen.

Corpus Christi schafft in diesem Zusammenhang eine Gegenüberstellung: Auf der einen Seite steht Daniel, ein Junge mit düsterer Vergangenheit, die ihm jegliche Zukunftsperspektive geraubt hat. Der in gewisser Hinsicht gesellschaftlich ruiniert und dazu verdammt ist, nicht auf die Art und Weise am bürgerlichen Leben teilhaben zu dürfen, auf die er sich gerne einbringen würde. Auf der anderen Seite steht die bürgerliche Gesellschaft der Dorfgemeinde, die nach außen hin die Etikette wahrt, jedoch naiv daherkommt und hinter dessen Oberfläche sich menschliche Abgründe verbergen. Der Film treibt damit unsere gesellschaftlichen Ausschlussmechanismen ad absurdum und stellt die Frage in den Raum, wie es sich eine selbst in sich verworrene Gesellschaft erlauben kann, jemanden eine vollständige Resozialisierung zu verwehren. 

Im Fokus steht dabei eine Religions-Kritik, die zurückhaltend wie treffsicher daherkommt: Daniels Zukunft wird von der Kirche verbaut und es ist die erzkonservative Lebensweise der Dorfgemeinde, die den Rahmen für ein intolerantes, verkrampftes und dogmatisches Miteinander spannt. Daniel frischt die staubigen Messen durch sein unkonventionelles Auftreten formell auf und erlaubt dem Zuschauer gleichzeitig einen inhaltlich unmittelbareren Zugang zum Glauben. Er lebt seine Religion aus und lässt sich nicht durch eine Institution davon abhalten, deren Bühne er zur parodistischen Weiterentwicklung veralteter Strukturen nutzt. Das Charmante an der Religions-Kritik von Corpus Christi ist demnach, dass sie sich nicht auf den Glauben selbst richtet, in dem sie viel mehr etwas Produktives und Sinnstiftendes erkennt, sondern auf die Verankerung der institutionellen Machtstrukturen in der bürgerlichen Gesellschaft. Gerade vor dem Hintergrund des rechten Zeitgeistes, der aktuell in Polen Raum findet, erscheint diese Kritik stichhaltig. 

Komasa ist dabei eine einzigartige Erzählung geglückt, die keinesfalls nur den konventionellen Spuren des Drama-Genres folgt. Stattdessen finden sich viele komödiantische Elemente, die auf das Theater abzielen, das Daniel erfolgreich der Dorfgemeinde vorspielt. Davon abgesehen ist Corpus Christi ruhig und bedächtig inszeniert, weshalb humoristische Einschübe auch nie die Ernsthaftigkeit des Gesamtunterfangens unterminieren. Zu beanstanden wäre lediglich, dass der Film einzelne Plot-Elemente hinzufügt, die der Erzählung keinen guten Dienst erweisen. Dadurch kommt es bisweilen zu Längen, die er nicht produktiv verwandeln kann, und den Film weniger pointiert wirken lassen. 

Fazit

"Corpus Christi" ist ein sehenswerter Film, der eine ausgezeichnete Religions-Kritik ausformuliert, ohne jemals den Glauben selbst zu attackieren, der eine Abrechnung mit dem rechten Zeitgeist Polens darstellt, ohne jemals belehrend zu wirken, und darüber hinaus auf herrlich unverkrampfte Art die Paradoxien gesellschaftlicher Ausschließung offenlegt. 

Kritik: Maximilian Knade

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