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Quelle: themoviedb.org

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14 Jahre nach dem ersten Film ist Borat kein unbekannter Journalist mehr, sondern muss seine Identität verschleiern und undercover arbeiten. Der kasachische Fernsehsprecher wird erneut in die USA entsandt, um über das größte Land der Welt zu berichten. Das Sequel startet am 23. Oktober 2020 exklusiv bei Amazon Prime.

Kritik

2006 befand sich der damalige US-Präsident George W. Bush in der Mitte seiner zweiten Amtszeit und wir waren uns sicher, dass es nie wieder einen schlimmeren Präsidenten geben wird. Vielen gingen auch davon aus, dass die Bigotterie nach seinem Abgang abnehmen wird, dass der rechte Flügel schwächer wird und wir alle Händchen haltend über grüne Wiesen schlendern im Windschatten der Harmonie. Tja, 14 Jahre später haben wir die Erkenntnis, dass es immer noch schlimmer kommen kann. Die Rechten sind weiter am vormarschieren, Verschwörungskasper sind medial präsenter als je zuvor, ein Virus geht um und im Oval Office sitzt ein dickerer, älterer, orangefarbener Mann, der sich selbst am nächsten ist und einen solch großen Keil in sein Land getrieben hat, dass man glauben könnte, ein neuer Bürgerkrieg naht. So Scheiße war 2006 also gar nicht.

Damals zeigte uns der britische Schauspieler und Komiker (The Trial of the Chicago 7) in der Rolle des kasachischen Reporters Borat Sagdiyev bereits wie zerrissen unsere Gesellschaft ist. Mit teils schmerzhafter Präzision legte er damals Misogynie, Rassismus, Homophobie und Antisemitismus offen. Wer Borat von 2006 nur als Klamotte ansieht, die meist weit unterhalb der Gürtellinie agiert, der hat den Film entweder nicht wirklich gesehen oder ließ sich von den ganzen dargebotenen Unflätigkeiten ablenken.

Ach, was war Borat damals für ein intelligenter, aufklärender und teils auch entgeistert machender Spaß. Ein Spaß der vor allem deswegen funktionierte, weil Sacha Baron Cohen als osteuropäischer Klischeereporter für die meisten ein unbeschriebenes Blatt war. Die Menschen, die er in der Rolle interviewte, nahmen ihn als Borat wahr. Nach dem Erfolg des Filmes fiel diese Qualität aber weg. Bereits bei seinem nächstem, ähnlich gelagerten Film Brüno sah man deutlich, dass er Probleme bekam bei der Ausübung seines fiktiven Charakters. Wahrscheinlich deswegen folgte danach mit Der Diktator auch eine reinrassig narrative Komödie, die aber immer noch klar beißende Gesellschaftssatire bot.

Jetzt, im Jahre 2020, kehrt Sacha Baron Cohen mit Borat: Anschluss-Moviefilm wieder in seiner Paraderolle zurück und um das gleich aus dem Weg zu räumen: Ja, es gibt einige Szenen, in denen es durchaus so wirkt, dass Borats Gesprächspartner genau wissen, wer da eigentlich vor ihnen steht. Stört das? Nicht wirklich, denn diese Momente sind bisweilen die schwächsten im gesamten Film und auch nicht sonderlich zahlreich. Wenn der bekannte Reporter sich aber kostümiert, um z. B. als Countrysänger bei einer Veranstaltung einen Anti-Obama-Song zu singen, dann wirken die Reaktion des Publikums (Jubelrufe und Nazi-Gesten) überaus echt.

Und so ist auch Borat: Anschluss-Moviefilm voller Situationen, die einen durchaus fassungslos machen. Das ‚Problem‘: Was das Sequel auffährt überrascht nicht mehr. Es erfüllt die Erwartungen und damit sagt der Film vermutlich mehr aus, als es einen selber lieb ist. Selbst wenn man sich mit der aktuellen Weltsituation arrangiert hat, mit all den niederschmetternden Vorurteilen die gefühlt lauter als früher propagiert werden, liefert Borat: Anschluss-Moviefilm diverse Momente, die dazu einladen sich in Embryonalstellung hinzulegen und einfach auf dem Weltuntergang zu warten. Da sorgt auch das Ende der Fortsetzung, das an einen Thriller-Klassiker der 1990er Jahre angelegt ist, nicht wirklich für einen Lichtschimmer.

Ist Borat: Anschluss-Moviefilm also hinter seiner Fassade aus entlarvendem Klamauk ein pessimistischer Film? Im Grund schon, allerdings bietet das Sequel eine wesentlich stringenter erzählte Handlung und ein wichtiger Teil davon ist Borats Tochter Sandra Jessica Parker Sagdiyev (!!) (, Transgression). Ihr, nennen wir es einfach mal Werdegang, lässt sich durchaus als positive Botschaft und Chance auf eine Besserung ansehen. Allerdings muss sie auch einiges erleiden und im dritten Akt steht ein von ihr geführtes Interview mit einer durchaus wichtigen, politischen Persönlichkeit, dass eventuell nach Veröffentlichung des Films durchaus für Zündstoff sorgen könnte (die ersten Pressestimme berichten bereits darüber, so auch Der Spiegel).

Aber jetzt mal Tacheles: Ist Borat: Anschluss-Moviefilm eine gute Komödie? Wie bereits erwähnt, es fehlt der Überraschungseffekt und einige Episoden auf Borats Reise sind eher schal als prickelnd. Als Bestandsaufnahme der aktuellen Zeit funktioniert der von Amazon produzierte Film erstaunlich gut, vielleicht sogar zu gut. Wer das Sequel aber nur als Lustspiel erfassen will (oder kann), dessen Zwerchfell bekommt hin und wieder etwas zu tun. Das ist Nice. Nicht mehr und nicht weniger.

Fazit

Bereits 2006 war unsere Welt ein Ort des Wahnsinns. Damals stochert Sacha Baron Cohen genüsslich in Wunden herum, von denen viele von uns nicht einmal wussten, dass sie so existieren. 14 Jahre später sind wir etwas aufgeklärter, weswegen das erneute Gestocher nicht mehr so zu verblüffen vermag. Äußerst schmerzhaft ist es trotzdem. Das Sequel zeigt deutlich wie wir und die Welt sich weiter, bzw. zurückentwickelt haben. Dass „Borat: Anschluss-Moviefilm“ nicht mehr so überrascht wie sein Vorgänger sagt viel über die aktuelle Zeit aus. Mag das Lachen auch nicht mehr so laut ausfallen wie beim ersten Teil, im Halse stecken bleibt es trotzdem.

Kritik: Sebastian Groß

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