Was bleibt nach dem Tod eines Menschen übrig? Nur die Erinnerung die diejenigen in ihren Herzen tragen, die jener Person einst nahe standen? Im Falle von Ottara Kem ist diese Frage, zumindest für seine Töchter, anfangs nur schwer zu beantworten. Marina Kem, Regisseurin und Protagonisten von „Bonne Nuit Papa“, skizziert zu beginn des Filmes ein sehr kühles und distanziertes Bild von ihrem Vater. Er blieb in Fragen über seine Heimat oft verschlossen und war grundsätzlich kein Mann der gerne im Mittelpunkt stand und ausgiebig von sich erzählte. Um hinter seine Fassade zu blicken, besucht Marina nicht nur bedeutende Orte in Ottaras Leben, wie etwa die TU Dresden, in der der promovierte Ingenieur einst seine Doktorarbeit verfasste, sondern setzt sich auch intensiv mit Zeitzeugen auseinander, die, so hat es zunächst den Anschein, weitaus mehr vom Leben ihres Vaters wissen, als sie selbst.
Die Spurensuche führt die Dokumentarfilmerin schließlich nach Kambodscha, der einstiegen Heimat ihres Erzeugers. Dank eines Dolmetschers gelingt es ihr zum ersten Mal Kontakt mit jenem Zweig ihrer Familie aufzunehmen, der ihr bis dato völlig fremd war.
Es entspinnt sich eine Geschichte, in dessen Kern das politische Terrorregime der Roten Khmer rückt, die Kambodscha einst mit blutiger Hand unterdrückten. Es war diesem Umstand geschuldet, dass Ottara, der nach dem Studium in seine Heimat zurück kehren wollte um die aufblühende Industrie Kambodschas zu unterstützen, plötzlich gezwungen war, sein Leben von Grund auf neu zu gestalten.
Gerade im Interview mit Zeitzeugen, größtenteils Angehörige und Freunde von Ottara, kommt der ganze Schrecken, den der Rote Khmer einst über Kambodscha säte, voll zum tragen.
Zeitgleich entsteht so jedoch auch ein unschöner knick in der Mitte des Films, denn plötzlich rücken Protagonistin Marina und ihr Vater in den Hintergrund, um Platz zu machen für eine Doku über den Kommunismus in Südost Asien. Quasi eine Doku in der Doku.
Ebenfalls zu kritisieren ist der recht zähe Erzählfluss, der zudem oft ins Stocken kommt, da wild zwischen Schauplätzen, Zeitzeugen und Monolog hin und her gesprungen wird.
Fernab dieser Mängel ist „Bonne Nuit Papa“ jedoch eine sehr gute Dokumentation, die nicht nur beweist, dass das Leben am Ende immer noch die besten Geschichten schreibt, sondern den Zuschauer auch lehrt, einen Menschen nicht bloß an seiner Fassade zu messen, denn auch wenn man denkt, man würde jemanden kennen, so steckt hinter jedem Lächeln, jeder kurzen Geste und jeder schweigenden Minute vielleicht eine Geschichte, die es wert wäre erzählt zu werden.