Ein freudestrahlendes Lächeln zeichnet sich auf Hollys Gesicht ab, als sie mit dem Auto in die Einfahrt ihres Hauses fährt und ihren Sohn Ben erblickt. Alle äußeren Anzeichen eines harmonischen Wiedersehens nach langer Zeit werden hingegen schon in den ersten Szenen von Peter Hedges' Ben Is Back durch das Gesicht des Sohnes durchkreuzt, in dem sich gedankenverlorene Reserviertheit abzeichnet. Ohne die nötigen Worte verdeutlicht der amerikanische Regisseur gleich zu Beginn, dass in dieser Familie etwas Unausgesprochenes über den Momenten des Miteinanders hängt. Ein dunkler Fleck, der langsam, aber sicher heller wird. Hierzu trägt am Anfang des Films auch das Verhalten von Bens Schwester Ivy bei. Im Gegensatz zur Mutter, die sofort aus dem Auto steigt und den Sohn in die Arme schließt, greift das Mädchen zu ihrem Smartphone und schickt reflexartig Textnachrichten an den Stiefvater, als würde es sich bei der Situation gerade um einen eiligen Notfall handeln.
Diesen Eindruck einer Situation, die schon bald keines der Familienmitglieder mehr wirklich unter Kontrolle hat, wird durch nachfolgende Szenen unterstrichen, in denen Holly sämtliche Medikamente hinter dem Badezimmerspiegel sowie wertvollen Schmuck versteckt. Ihre gelassene Fassung bewahrt sie sich trotzdem weiterhin aufrecht. In der Geschichte von Ben Is Back ist es kurz vor Weihnachten und der nach Hause zurückgekehrte Sohn, der sich zuvor in einer Reha-Klinik befand, soll 24 Stunden mit seiner Familie verbringen dürfen, in denen er seiner Mutter jedoch zu keiner Sekunde von der Seite weicht. Erst in einer Szene, in der Mutter und Sohn noch Weihnachtseinkäufe erledigen wollen, bei denen Ben seinen kleinen Stiefgeschwistern eigene Geschenke kaufen will, kommt das volle Ausmaß der Tragik dieser Familie zum Vorschein. In einem kurzen Moment begegnet Holly dem mittlerweile an Alzheimer leidendem Arzt wieder, dem sie abschließend einen qualvollen Tod wünscht. Ihrem Sohn verschrieb er im Alter von 14 Jahren nach einem Snowboard-Unfall vermeintlich harmlose Schmerzmittel, die er immer stärker dosierte, sodass dieser zu einem Abhängigen wurde.
Hedges, der Vater von Hauptdarsteller Lucas Hedges (Manchester by the Sea), erzählt mit seinem Drama aus dem Leben dieser Familie, die von der (selbst)zerstörerischen Sucht des 19-Jährigen auseinandergerissen wurde und sich nun, nachdem Ben erstmals 77 Tage clean ist, an einem vorsichtigen Zusammenfügen der zwischenmenschlichen Scherben versucht. Für eine Demonstration der Scharfkantigkeit dieser Scherben genügen dem Regisseur vor allem in der ersten Hälfte des Films immer wieder ganz subtil beobachtete Momente. In einem davon serviert Ben seinen Stiefgeschwistern Erdnussbutter-Sandwiches, die er als Überraschung mit Kartoffelchips garniert. Als er mit einem Blick in die genüsslich kauenden Kinder zu seiner Mutter sagt, dass es von hier an kein Zurück mehr gibt, und somit eine künftige Abhängigkeit der beiden Kinder nach dem Gericht andeutet, erstarren beide Gesichter von Mutter und Sohn anschließend noch für wenige Sekunden.
Viel mehr als diese ambivalenten Augenblicke, in denen die Stimmung innerhalb der Familie zwischen sanftem Optimismus und niederschlagenden Realisierungen schwankt, benötigt Ben Is Back nicht, um im Kern der Handlung speziell das Verhältnis zwischen Mutter und Sohn mit regelmäßigen Veränderungen im Gemütszustand der Hauptfiguren zu beleuchten. Trotz der hervorragenden Leistungen von Hedges, der sich mit seinem sensiblen Spiel voller schmerzlichem Selbsthass nach wie vor als einer der besten Jungschauspieler seiner Generation behauptet, und Julia Roberts (Notting Hill), die als gegen sämtliche innere und äußere Widerstände ankämpfende, nahezu bedingungslos liebende Mutter auf persönliche Grenzen stößt, verzichtet der Regisseur ab der zweiten Hälfte des Films nicht auf zunehmend konstruierte, vorhersehbare Entwicklungen. Eine gemeinsame Autofahrt durch die Nacht, die nur von Straßenlaternen, Lichtern aus Häusern und reichlich Weihnachtsbeleuchtung erhellt wird, entwickelt sich kurz vor dem Weihnachtsabend plötzlich zum tickenden Countdown um Leben und Tod.
Anleihen an klassische Spannungsmomente wie aus einem Thriller schaden dem Film eher, als dass sie die dramatische Strahlkraft dieser verletzlichen Familiendynamik zwischen liebevoller Abhängigkeit und krankhafter Abhängigkeit bereichern. Als intime Betrachtung einer Suchtkrise durch verschreibungspflichtige Opiate, die ganz Amerika betrifft, sowie ihre Auswirkungen auf das Leben aller betroffenen Familienmitglieder des Abhängigen ist Ben Is Back weitaus aufrüttelnder als die, ebenso mit unruhiger Handkamera inszenierte, Suche nach den Dämonen der Vergangenheit, die dem Protagonisten nicht von der Seite weichen. Dabei kann kein Moment der fieberhaften Suche im Finale mit dem ruhigen Bild mithalten, in dem Holly und Ben über einen Friedhof schreiten, wo der Sohn seiner Mutter sagen soll, wo sie ihn begraben soll. Er werde nicht sterben, versichert er ihr mit nervöser Verzweiflung, die seine ruhige Fassung überstrahlt. Eine Aussage, die der Regisseur schließlich der allerletzten Szene seines Films überlasst, die bedauerlicherweise in allzu klarer Gewissheit endet.