Das aktuell in Deutschland heiß diskutierte Integrations-Thema schlägt sich nicht nur in zweifelhafter Berichterstattung oder erfolgreicher Roman-Kultur nieder, sondern auch in Sachen Film. Schon seit Jahren sind dabei Werke über die türkisch-stämmige Bevölkerung in Deutschland an der Tagesordnung. Meist auf sehr humorvolle Art, wollen diese dabei vermitteln, aufklären und so ihren Beitrag leisten. Eines der besseren Beispiele stellt hierbei das Kinodebüt von den Schwestern Yasemin und Nesrin Samdereli dar. Mit einer lockerleichten Art, vielen geistreichen Ideen sowie einer tiefen teils tragischen Geschichte, ist Almanya – Willkommen in Deutschland exzellente Unterhaltung mit gekonnt aktuellem Inhalt.
Die Geschichte von Almanya – Willkommen in Deutschland besteht im Kern aus zwei Handlungssträngen, die gekonnt nebenher erzählt werden. Zum einen wäre da der Weg vom jungen Hüseyin, wie er sich als Gastarbeiter in die BRD aufmachte, dort das erste Geld verdiente und schlussendlich seine Familie nachholte. Dieser Strang wird von Canan in einer Art Rückblick für den sechsjährigen Cenk erzählt. Auf deutlich verzerrte und deshalb glorreich humorvolle Weise, wird so mit vielen Klischees, Unwissen und Vorurteilen aufgeräumt. Zum anderen wird die aktuelle Familie beleuchtet, mit all ihren Mitgliedern aber auch mit den vielen kleinen Problemen. So ist Canan mit einem Engländer schwanger und unverheiratet, Cenk wird von seinem Mitschülern ausgegrenzt, egal ob deutsche oder türken und der arbeitslose wie einsame Muhamed (Ercan Karacayli) wird nach all den Jahren immer noch von seinem Bruder Veli (Aykut Kayacik) müde belächelt. Mit all diesen schwelenden Konflikten und Sorgen geht es dann auf in die Heimat nach Ostanatolien.
Die beiden Samdereli-Schwestern erzählen ihre Integrationskomödie mit solch einer Hingabe, dass sich an vielen Ecken und Kanten hervorragende Ideen sowie eine glorreiche Inszenierung finden lassen. Schon der Anfang macht dies mehr als deutlich. So wird neben alten Fernsehansprachen, Originalaufnahmen eines Gastarbeiterzuzuges und einem SPIEGEL-Titel zur Einwanderungswelle die Ankunft von Hüseyin im Jahr 1964 präsentiert. Endlich angekommen, offenbart sich ihm eine völlig fremde Welt, die mit einer Fantasiesprache als deutsch, da Hüseyin die Sprache nicht versteht, noch grotesker wirkt. Vor allem hier startet Almanya ein wahres Gag-Feuerwerk, was für deutliche Lacher sorgt. Mit passender Kameraführung, humorvollen Dialogen, Slapstick-Einlagen und gekonnter Mimik der Darsteller, offenbart sich so eine schön Unterhaltsame Komödie. Durch die geteilte Erzählung, wandelt sich dies jedoch im Laufe der Handlung zu einem vielschichtigen Drama, was durch philosophische Einschübe sowie tragischen Elementen überzeugt.
Doch genau hier leisten sich die Schwestern ein paar kleinere Fehler. Deutlich an Jonathan Dayton und Valerie Faris Tragikomödie Little Miss Sunshine orientiert, fängt eine Odyssee durch die Türkei an, in der alle Konflikte zum Ausbruch kommen. Da die Rückblicke aufgebraucht sind und viele der humorvollen Einschübe nicht mehr zünden, schleicht sich so die eine oder andere Länge ein. Dennoch schafft es Almanya besonders durch die tragischen Elemente zu überzeugen. Heimat oder nicht, Geburtsort bleibt Geburtsort und somit ein Stück Kultur immer im Herzen.
Auf voller Linie kann neben Inszenierung und Ideenreichtum auch der Cast überzeugen. Seien es die jungen Versionen von Hüseyin (Fahri Ögün Yardim) und Fatma (Demet Gül), die mehr auf Komik setzen oder die älteren (Vedat Erincin, Lilay Huser), die besonders durch das Spiel mit der Familie punkten. Auch die vielen kleineren Nebenfiguren des Clans, füllen ihre Rollen passend aus, was aus dem Film mehr als eine runde Sache macht. Hervorzuheben sind besonders die Leistungen von Aylin Tezel, als ungewollt schwangere Canan, sowie dem kleinen Rafael Koussouris, der den sechsjährigen Cenk mimt. Ihre Leistungen tragen viel dazu bei, dass man regelrecht mit den Figuren mitfühlt, mitleidet und auch stets wissen will, wie denn nun die Geschichte letztendlich ausgeht.