Bei einem Film mit dem Titel Alien 2: To Earth (im Deutschen Alien 2 -Die Saat des Grauens kehrt zurück) geht man eigentlich davon aus, dass es sich um eine Fortsetzung handeln muss. Schließlich ergebe der Titel in dieser Form sonst keinen Sinn. Da das Sequel zu Ridley Scotts im Jahr 1979 erschienen Alien aber bekanntlich James Camerons Aliens darstellt, kann da irgendetwas nicht so ganz stimmen. Für uns heutzutage ist diese Erkenntnis ziemlich einfach. Anders sah es da 1980 aus. In diesem Jahr wurde der schmal budgetierte Alien 2: To Earth nämlich veröffentlicht. Da lag Aliens, der erst 1986 in die Kinos kam, jedoch noch in weiter Ferne. Tatsächlich haben wir es bei Alien 2: To Earth nicht nur mit einem der ersten, sondern außerdem mit einem der wohl dreistesten Alien-Rip-Offs zu tun. Mit dem irreführenden Titel wollte man einen vermeintlichen Bezug zum finanziell erfolgreichen Alien suggerieren, um dem ahnungslosen Publikum unter der Vorspiegelung falscher Tatsachen schamlos das Geld aus den Taschen zu ziehen.
Die inhaltlichen Überschneidungen sind dabei nicht einmal der Rede wert, vielmehr ist es der Titel, der an Unverfrorenheit kaum zu überbieten ist. Und doch hat sich Regisseur Ciro Ippolito (Arrapaho) bloß von einem anderen Film respektive dessen Marketingstrategie inspirieren lassen. Die Rede ist von Lucio Fulcis Woodoo - Schreckensinsel der Zombies, dessen Originaltitel Zombi 2 lautet. Eine von den Produzenten initiierte Anlehnung an George A. Romeros erfolgreichen Zombiefilm Dawn of the Dead, der in Italien unter dem Titel Zombi veröffentlicht wurde, um auf diese Weise mehr Publikum in die Kinosäle zu locken. Abgesehen davon, dass (der wirklich gelungene) Zombi 2 ebenfalls von Zombies handelt, gibt es zwischen den Filmen natürlich keinerlei Verbindung. Selbstverständlich versuchte 20th Century Fox, das Filmstudio hinter Alien, gegen den frechen Namensklau vorzugehen. Man blieb damit aber erfolglos. Ausschlaggebend dafür war ein Roman aus den 30er-Jahren, der den Titel "Alien" trug. Regelrecht ironisch ist es in diesem Zusammenhang, dass Ippolito viele Jahre später selbst Plagiatsvorwürfe gegen einen Film vorbringen sollte.
Denn angeblich habe sich Neil Marshall mit seinem 2005 erschienen Film The Descent – Abgrund des Grauens mächtig bei ihm bedient. Schließlich handeln beide Werke nicht nur von kletternden Menschen, sondern spielen obendrein noch die meiste Zeit über in einer Höhle. Doch bevor es uns in die Tiefen einer prächtigen Tropfsteinhöhle verschlägt, beginnt Alien 2: To Earth erst einmal mit einer ganzen Reihe an stock footage-Aufnahmen. Damit einhergehend erfahren wir von einer Raumkapsel, die alsbald auf der Erde landen soll. Ein Spektakel, das die ganze Welt mitverfolgt und über das die Medien natürlich berichten. Ein Fernsehsender möchte im Zuge dessen verdeutlichen, dass man nicht ins All fliegen muss, um unerforschte Gebiete vorzufinden. Um diesen Standpunkt zu untermauern, wird Höhlenforscherin Thelma (Belinda Mayne, Krull) interviewt, die dann vor laufender Kamera eine Art Schwächeanfall erleidet. Der Grund dafür ist regelrecht übernatürlich, denn Thelma soll telepathische Fähigkeiten besitzen.
Im Anschluss an ein paar Belanglosigkeiten wie Bowling spielen, einkaufen oder über Telepathie zu quatschen, bricht Thelma gemeinsam mit ihrem Partner Roy (Mark Bodin, Antropophagus) sowie einigen Freunden zu einer Tropfsteinhöhle auf. Mit dem Auto durchqueren sie eine gleichermaßen trockene wie sandige Gegend, die Erinnerungen an die Landschaft aus The Hills Have Eyes aufkommen lässt. Während einer Pinkelpause wird ein merkwürdiger, bläulicher Stein gefunden, der selbstredend kurzerhand mitgenommen wird. Nebenbei erfahren wir, dass von den Astronauten, die eigentlich in der Raumkapsel sein sollten, jede Spur fehlt. Außerdem ist wohl etwas Fremdartiges auf die Erde gekommen. Nach gut 30 Minuten spannungsarmer Exposition, bei der so gut wie nichts unternommen wurde, um uns die ProtagonistInnen näherzubringen, geht es hinab in die Tiefe. Gedreht wurde in der Grotte di Castellana, einer in Südost-Italien gelegenen Höhle. Dadurch gelingt es der beeindruckenden Kulisse eine Authentizität auszustrahlen, die im Studio nur schwer nachzuahmen wäre.
Leider versteht es Ipolitto jedoch weder, die imposante, mit Stalagmiten und Stalaktiten übersäte Umgebung aktiv in das Geschehen einzubinden, noch die Figuren zu beschäftigen und so für eine interessante Handlung zu sorgen. Wo die ProtagonistInnen von Werken wie The Descent oder The Cave breite Felsspalte überwinden, tiefe Wasser durchqueren oder sich durch enge Spalten quetschen mussten, bleibt derartiges bei Alien 2: To Earth leider aus. Auch mit Elementen wie Isolation, Dunkelheit oder unheimlichen Geräuschen wird nicht gespielt. Dafür bekommen wir unheilschwangere Musik zu hören, die den absolut ereignisarmen Spaziergang durch die felsige Kulisse spannender gestalten soll, als er tatsächlich ist. Gelingen will dies freilich nicht. Selbst als das Alien irgendwann zum ersten Mal unvermittelt in Erscheinung tritt, will Ippolitos Werk nicht in die Gänge kommen. Erst im letzten Drittel entwickeln sich bei Alien 2: To Earth mehrere kurze Anflüge von Dynamik, die aber immer wieder schnell im Sande verlaufen. Von einem fesselnden Überlebenskampf kann keine Rede sein.
Wer der außerirdischen Kreatur begegnet, segnet nämlich sogleich das Zeitliche. Immerhin geht das Ableben der uns vollkommen gleichgültigen ProtagonistInnen recht blutig vonstatten und ist gemessen am Budget (mickrige 400 Millionen italienische Lira) ansehnlich getrickst. In seinen besten Momenten nimmt Alien 2: To Earth dem zwei Jahre später veröffentlichten The Thing sogar manche Szene bereits vorweg. Dass Thelmas telepathische Fähigkeiten in der Konfrontation mit dem Alien eine Rolle spielen werden, dürfte wohl wenig überraschend sein. Wenn sie dem fremdartigen Wesen mit ernstem Blick sowie (trotz Windstille) wehenden Haaren mentalen Widerstand leistet, wirkt das wie eine unfreiwillig komische Mischung Superheldenfilm und David Cronenbergs Scanners. Gerade als man gewillt ist, Alien 2: To Earth im Hinblick auf die sich dem Ende neigende Laufzeit endgültig abzuschreiben, packt Ippolito völlig unverhofft die atmosphärisch dichtesten Momente des kompletten Films aus. Endlich kommt jene bedrückende Stimmung auf, die wir uns die ganze Zeit über so sehr gewünscht hätten. Nur ist dies eben deutlich zu spät.