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Quelle: themoviedb.org

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In fünf Episoden à 45 Minuten berichtet Agnès Varda von den Menschen, Kunstwerken und Städten, die sie auf ihren Reisen im Jahr 2011 besucht.

Kritik

Der Zuschauer als Film. Wenn jemand wie Agnès Varda, die schon in ihren 30ern zur Grande-mère der Nouvelle Vague gekürt wurde (nicht zuletzt für ihren wegweisenden Debütfilm La Pointe Courte), auf Reisen geht, dann wird eine Kamera ebenso selbstverständlich eingepackt wie eine Zahnbürste. Als die Regisseurin für ihren wohl vorletzten Film, Die Strände von Agnès, weltweit auf Promotionstour ging, filmte sie eine Mini-Serie für den TV-Sender arte. Agnès de ci de la Varda heißt das fünf mal 45 Minuten lange Werk, das auf Deutsch den wunderbaren Namen Agnes war da trägt. Im immer gleichen Prolog berichtet sie dabei, ihr Ziel seien Fragmente der Erlebnisse, Städte und vor allem Menschen gewesen, die sie gemacht, besucht und getroffen hat.

Im Prolog erzählt Agnès von einem Baum in ihrem Garten, der runtergeschnitten werden muss, weil er ihr die Sonne stahl. Diese Einstiegsmetapher nutzt sie dabei geschickt aus: Bevor sie ihre zahlreichen Reisen vollendet hat, wird der Baum wieder zur vollen Größe gewachsen sein. Sie sagt als Erzählerin selbst, der Wachsvorgang von einem halben Jahr sei hier auf ein paar Sekunden verkürzt. Der Zuschauer selbst wird die Serie auf ein paar Tage verteilt sehen. Mit kurzen Einblicken in Fragmente des Lebens, wird die Serie dabei zu nüchternen Theorie des Filmwunders und der Zuschauer als das lebenswichtige Licht, das den Bildern ihr Leben einhaucht. Man erinnere sich: Film ist nichts anderes, als eine schnelle Abfolge von stehenden Bildern, die nacheinander mittels Licht eingefangen werden. Jede Episode dieser Serie steht dabei für ein Bild, das beleuchtet wird. Der Zuschauer ist der Projektor, der Licht in die Dunkelheit bringt - und versteht.

Wer sich ein wenig mit dem Werk von Agnès Varda auskennt, dem wird die Kernfrage ihrer künstlerischen Tätigkeit bekannt sein: Imitiert das Leben die Kunst oder die Kunst das Leben? Im Jahr 2011 scheint Varda eine Antwort auf die Frage gefunden zu haben: Ja. Hier nämlich wandelt sie diese Frage ab und sagt lediglich: „Ich lebe, was ich filme. Und nun filme ich, was ich lebe.“ Natürlich dreht sich diese Mini-Serie, wie die meisten der anderen Varda-Werke, um das Wesen der Kunst. Kunst, und wie diese Menschen zusammenbringt, wie sie Ideen bewirken, bedingen und bezwingen. Kunst, ihre Macht und ihr Wesen und natürlich Vardas Vorliebe: Die Kunst im Alltag. Hier: Das Spektakel des Alltags. Ihr Werk überzeugt dabei mal wieder durch ihre gesunde Leichtigkeit, durch ihr energetisches Interesse und ihren Humanismus, der keine Worte, sondern nur gelassene Bilder benötigt, um aus den Vollen zu schöpfen.

Die Menschen, die Agnès auf ihren Reisen trifft sind vielfältiger Natur. Künstler aus der ganzen Welt, Reporter aus Skandinavien und Russland, die eigentlich die französische Künstlerin interviewen wollen, dann aber Subjekt in ihrem Film werden. Zivilisten, die auf der Straße Kunststücke vollführen, Bilder malen, Bäume beschneiden und Filmregisseure, die sie bewundert. In der ersten Episode besucht sie das Studio von Chris Marker (A.K.), ihrem Kollegen im Club des Rive Gauche. Marker, der anonym bleiben möchte und mit seiner Freundin alle Welten und Dimensionen der Kunst durchwandert. Ein animierter Chris und eine animierte Agnès tanzen mit einer animierten Katze. Dabei bindet Varda die Animationen elegant in ihren Film ein. Animationen, die für das Produktionsjahr amateurhaft aussehen mögen; die jedoch gar nicht den Zweck des Realitätsersatzes erfüllen wollen, sondern eher einen Traum andeuten sollen.

Nahezu jede Episode behandelt dabei die Natur des Films. Zum Beispiel, indem Varda den Unterschied zwischen der Fotografie und dem Kino untersucht. Den Unterschied zwischen der Bewegung, dem Fluss der Zeit und dem Stillstand. Sie bebildert und belebt Moment vor und nach einem Foto - Sie hält einen Film an und zeigt die verschiedenen Wirkungen der Situationen. „Wenn du genau hinsiehst, werden die Dinge bezaubernd.“ Dabei bleibt die Serie völlig subjektiv eingefärbt, von Agnès’ Erlebnissen, Assoziationen und Gefühlen bestimmt. Die Einzigartigkeit ist dabei einmal das Element in Vardas Werk, das am meisten Zustimmung und Zärtlichkeit von ihr bekommt. Mut zur Einzigartigkeit wird von ihr stets belohnt. Nicht belehrend, sondern mit einem gesunden Selbstverständnis. Agnès Varda und ihr Filmwerk ist einzigartig. Nicht erzwungen absichtlich, sondern einfach, weil die Schöpferin es ebenfalls ist und ihre Filme nichts sind, als ein Abbild ihres Wesens.

Fazit

Mit „Agnès war da“ hat Agnès Varda aus ihren Reisen um die Welt eine Mini-Serie gebastelt. In fünf Folgen wird aus dem Alltag Kunst, wenn Agnès Chris Marker, Carlos Reygadas oder den ältesten aktiven Regisseur der Welt trifft und sich mit ihnen über Kunst unterhält. Es sind Episoden über die wunderbare Magie des Films entstanden, in denen Varda ihre eigene Karriere teilweise Revue passieren lässt, dem Zuschauer alle Türen zur Welt der Kunst öffnet und dann mit einer ewig jung bleibenden Begeisterung auf den Spuren der Künstler bleibt. Die Serie ist einmal mehr ein Beweis für die grenzenlose Herzenswärme, den ungebändigten Humanismus und das sprühende Interesse, mit dem die Filmemacherin ihrer Umwelt begegnet. Agnès war da, und sie ist immer willkommen.

Kritik: Levin Günther

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