Ace Attorney (oder viel eher auch Gyakuten Saiban) dürfte vielen wohl auf Anhieb ein Begriff sein. Immerhin überzeugt der leidenschaftliche Anwalt seit 2005 (und seit 2001 auf dem Advance in Japan) Reihenweise die Spielergemeinschaft auf dem DS. Mit insgesamt bereits neun Teilen und einem starken Einfluss auf die Popkultur in Japan, ist das Spiel von Capcom so bereits seit langem ein wahrhaftes Phänomen, welches längst auch seinen Weg nach Europa und die USA fand. Dass bei solch einem Erfolg natürlich auch nicht lange eine Filmumsetzung auf sich warten lässt, dürfte hierbei wohl kaum überraschen. Eine Herausforderung ist es unterdessen aber dennoch, läuft doch die Verhandlung sowie die Ermittlungen von Phoenix Wright (im Original Naruhodō Ryūichi) alles andere als normal ab. Mit schrägen Frisuren, übertriebenen Gesten, lautstarken Plädoyers sowie einer sehr leidenschaftlichen Art, werden so die Verhandlungen schnell zu einem Effektfeuerwerk eines ganz besonderen Erlebnisses. Als Prozess-Actioner ist somit nicht die Rechtsprechung im Vordergrund, sondern die übertriebene Inszenierung. Für die Kinoumsetzung galt es daher einen Regisseur zu finden, der auf gewohnte Konventionen gerne pfeift und einfach seinen eigenen Stil mit allen Konsequenzen durchzieht. Da Regie-Legende Takashi Miike (Audition, 13 Assassins) schließlich für den Film zusagte, konnte eigentlich nichts mehr viel schiefgehen. Und ja, die ungewöhnliche Kino-Adaption vergisst zu keiner Zeit seine Herkunft und übersetzt das Videospiel 1:1 perfekt auf die Leinwand. Was folgt ist ein wahrer Kampf vor Gericht, der einem Mortal Kombat der Gesetze gleicht, oder einem Boston Legal auf Speed. Mit einer irrwitzigen Achterbahnfahrt der Effekte, Inszenierung und darstellerischem Können gibt es so trotz einer Laufzeit von 135 Minuten Action in seiner schrägsten wie interessantesten Form.
Für alle die unterdessen ein ernstes Rechts-Drama erwarten oder trockene Gespräche vor einer Gerichtskulisse, hier die Warnung: Takashi Miike inszeniert Ace Attorney als das was es eigentlich ist, ein Action-Feuerwerk vor Justitia, welches nicht nach der Wahrheit sucht oder der Gerechtigkeit, sondern nach dem ultimativen Beweis oder Argumentation. Ähnlich wie im Spiel, was aus Abenteuer, Beweissuche und Gerichtssimulation besteht, geht es daher auch im Film zu. Phoenix und Maya suchen gemeinsam Beweise, überlegen sich eine Strategie, nur um dann schließlich im Saal den Gegner alles um die Ohren hauen zu können. Da wird manipuliert, zurückgehalten, eingeschüchtert oder gar beseitigt was das Zeug hält. Es geht daher kaum um Realismus, sondern eher wie in einem Prügelspiel um den besseren Move. Die Gegner, in dem Falle Miles Edgeworth sowie Wrights Boss Manfred von Karma (die Namensbezeichnungen sind alleine schon einen Blick wert) müssen regelrecht in ihre Einzelteile zerlegt werden. Daher entbrennt ein regelrecht dramatischer Kampf, der an Videospiel-Dramaturgie kaum zu übertreffen ist und daher passgenau den Nerv der Vorlage trifft. Wer mit dieser Art jedoch nicht viel anzufangen weiß oder gar das Original nicht kennt, dürfte daher eher zumeist ungläubig in die Szenerie blicken und mit dem Kopf schütteln. Ace Attorney ist sehr eigen, was auf der einen Seite angenehm neues offenbart, auf der anderen Seite aber vielen den Zugang verwehrt. Und letztlich gibt es auch, trotz grandioser Dialoge, vieler witziger Details und einem überzeichneten Schauspiel, auch die eine oder andere Länge, die zwar kurzweilig bleibt, aber dennoch etwas den Film in die hinzieht.
Hauptproblem ist hierbei, dass sich Regisseur Takashi Miike an der einen oder anderen Stelle etwas zu viel zugemutet hat. Trotz einer Menge Humor (das Gerichtsverfahren wird beispielsweise mit Bezeichnungen wie Runde 1″, Runde 2 sowie Extra-Runde eingeläutet) sowie unzähligen irrwitzigen Einfällen, von Hologrammen bis hin zu einem aufblasbaren Riesensamurai, wird daher der Zuschauer regelrecht mit Inhalten erschlagen. Wer stets aufpasst und alle Details verfolgt, bekommt zwar eine clevere Gerichtsshow, doch gleich alle fünf Spiele in einem Film zu packen, war dann doch etwas zu viel. Zumindest optisch sowie von den Effekten her, braucht sich Ace Attorney aber keineswegs verstecken. Die Kostüme sind abgefahren, das Publikum im Saal vollkommen überzeichnet, die vielen Charaktere absurd überdreht und daher interessant und letztlich ist auch die Kameraführung passend comichaft gehalten, sodass die Herkunft stets erkenntlich bleibt. Takashi Miike zeigt daher einmal mehr seine fabelhafte Wandlungsfähigkeit und entführt den Zuschauer in eine Welt der Absurdität, die fesselt, begeistert und in Erinnerung bleibt. Sei es durch seine vielschichtige intelligente Geschichte oder seine aufgedrehte Art und Weise. Für jeden sollte daher etwas dabei sein.