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Quelle: themoviedb.org

Inhalt

In "Über die Unendlichkeit" nimmt uns ein unverzagter Erzähler an die Hand und lässt uns traumgleich umherschweifen. Scheinbar nichtige Augenblicke verdichten sich zu intensiven Zeit-Bildern und stehen auf Augenhöhe mit historischen Ereignissen: Ein Liebespaar schwebt über das vom Krieg zerfressene Köln; auf dem Weg zu einem Kindergeburtstag muss ein Vater mitten in einem Wolkenbruch seiner Tochter die Schuhe binden; junge Mädchen beginnen einen Tanz vor einem Café und eine geschlagene Armee marschiert mutlos zu einem Gefangenenlager.

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Quelle: themoviedb.org

Kritik

Inspiriert von den Erzählungen aus 1001 Nacht erlaubt Roy Andersson (Eine Taube sitzt auf einem Zweig und denkt über das Leben nach) mit Über die Unendlichkeit einen weiteren Einblick in seine exzentrische Interpretation unserer Humanität. Dabei agiert der schwedische Kultregisseure so stilsicher wie in den bisherigen Filmen seiner Karriere: An den bleichen Gesichtern seiner Figuren, den enorm detaillierten Szenenbildern, der niedrigen Farbpalette sowie der permanent statischen Kameraarbeit hat sich auch nach dem Abschluss seiner „Du Levande“-Trilogie nichts geändert. Vielmehr lässt sich Über die Unendlichkeit wie eine Art Epilog auf besagte Trilogie lesen, verfolgt Andersson doch immer noch das Wesen des Menschen, welches er mal belächelt, mal beweint und in Momenten von grotesker Schönheit findet. 

Würde man seinen neusten Film nach Variationen im Vergleich zu seinen vorangegangenen Filmen abklopfen, so fällt die Struktur ins Auge. Im Verlauf seiner letzten Filme wurden Erzählstränge immer knapper. Während Songs From The Second Floor noch aus zahlreichen, losen Handlungssträngen bestand wurden daraus in Das jüngste Gewitter bereits nur noch kurze, scheinbar zusammenhangslose Vignetten. Mit Über die Unendlichkeit verkürzt Andersson den Umfang seiner Erzählungen noch etwas mehr: Sein Film besteht fast nur noch aus kurzen Momenten, welche teilweise gerade einmal 2 Minuten andauern. Teilweise interessiert sich Andersson sehr für vermeintliche Belanglosigkeiten, wenn er etwa einen Vater zeigt, der seiner Tochter im strömenden Regen die Schuhe zubindet oder ein Junge, der einer Verkäuferin verstohlen durch das Fenster ihres Ladens nachsieht. Zusammengehalten werden diese wortwörtlichen, an der Grenze zum Surrealismus gleitenden Beobachtungen von einer transzendenten Frauenstimme, die als scheinbar einzige (neben dem Zuschauer) der Überblick auf dieses triste und ergraute Universum gestattet ist. 

Summiert ergeben diese Beobachtungen eine Fabel von menschlichem Elend und gegenseitiger Entfremdung. Da die Vignetten so vereinzelt und scheinbar wahllos wirken erscheint der Film als Panorama der Gelähmten und Gefallenen, aber auch der Naivität, versehen mit wenigen Anflügen der Lebenslust, wenn etwa drei Schulmädchen ekstatisch beim anstimmen eines Liedes sich außer Kontrolle tanzen. Es ist einer der wenigen Momente des Filmes, in dem die Figuren glücklicher Natur aus der Haut fahren. Ansonsten bleibt den verfremdeten Alltagsgesichtern nur existenzielle Verzweiflung als einzige Emotion. Zu den Unglücklichen gehört ein Pfarrer (Martin Serner), der seinen Glauben verloren hat, ein gefallenen Kriegstrupp und auch ein heulender Mann im Bus auf dem Weg zur Arbeit. Der Rest der zahlreichen Charaktere erscheint oftmals als wäre er längst einer kollektiven Lethargie zu Opfer gefallen. 

Sicherlich sind viele Ansätze und Erkenntnisse des Filmes für Anderssons Gesamtwerk nichts neues, dennoch aber bleibt es spannend wie er inzwischen mit dem Rahmen seiner dunklen Sketchshow spielt. Im Verlauf seines Filmes erweitert Andersson dieses Spektrum von alltäglichen Szenen auf einen historischen Rahmen und gelangt nicht selten an verstörende Höhepunkte. Dadurch tastet sich der Film melancholisch durch die menschliche Kondition und verleiht der eigenen Absurdität eine treffsichere Empathie. So sehr die Kamera auch auf Distanz bleibt, Andersson blickt nie auf den Gram der Menschen herab. Über die Unendlichkeit fühlt sich trotz der gerade einmal 76 Minuten andauernden Laufzeit wie ein weitschweifender Einblick in einen eigenen, dysfunktionalen Kosmos an, in dem klaffende Abgründe, wie sanfte Höhepunkte warten.

Fazit

Für Andersson Neulinge der ideale Einstieg und für Kenner eine Erweiterung seiner faszinierend-exzentrischen Vision von bewegten Gemälden ist „Über die Unendlichkeit“ ein existenzielles wie empathisches und letztendlich schwarz-humoriges Testament für den geschwächten Menschen.

Kritik: Jakob Jurisch

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