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David Slades („Hard Candy“) Vampirslasher, der anno 2007 von Sam Raimi („Spiderman“, „Evil Dead“) produziert wurde, beginnt ohne Umschweife mit einer sensationellen Aufnahme des arktischen Eismeeres. Die Kamera folgt einem verwahrlosten Fremden durch das ewige Eis bis zu einer verschneiten Kleinstadt, in der wegen der angehenden 30-tägigen Finsternis allgemeine Aufbruchsstimmung herrscht. Der örtliche Sheriff (Josh Hartnett) sieht sich inmitten dieses hektischen Treibens mit einigen unerklärlichen Ereignissen konfrontiert. Der lokale Hubschrauber wird zerstört, die Schlittenhunde brutal ermordet, ein Lagerfeuer mit Sattelitentelefonen veranstaltet und die Stromversorgung gekappt. Doch bevor er auch nur eines der ungelösten Probleme mit seiner (Ex-)Frau (Melissa George) aufarbeiten kann, bricht auch schon die ewige Nacht über das Städtchen Barrow herein und die blutrünstige (Vampir-)Geschichte nimmt ihren Lauf.
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Quelle: themoviedb.org

Kritik

Wenn Blade ein richtiger Mann wäre, hätte er die Kleinstadt Barrow verteidigt anstatt sich mit Sidekicks zu umgeben und einen erbärmlichen Draculaverschnitt zu verkloppen

Die mehrteilige Miniserie 30 Days of Night hat dem Autoren-Zeichner-Duo Steve Niles und Ben Templesmith im Jahre 2002 in den USA vor allem auf Grund ihrer optischen Einzigartigkeit zum Durchbruch im Comicbereich verholfen. Die eigenwillige Bildsprache und die ausschließlich düsteren, hauptsächlich grau in grau gehaltenen und nur durch wenige Farbkleckse durchbrochenen Zeichnungen machten den Graphic Novel ebenso interessant wie schwer kategorisierbar. Doch nicht nur die herausragende Umsetzung sondern auch die durchwegs nihilistische Story einer Vampirinvasion, die in einem kleinen Nest mitten in der Arktis – in dem es praktischer Weise für einen ganzen Monat kein Sonnenlicht gibt – stattfindet, traf genau den Nerv der Zeit und weckte das Interesse der Fangemeinde. Bereits der erste Trailer von „30 Days of Night“ der im Internet kursierte, versprach eine optisch beeindruckende, anscheinend blutige und überdies mutig besetzte Realverfilmung einer Vorlage zu werden, der man den Weg auf die Kinoleinwände dieser Welt mit Sicherheit nicht zugetraut hätte.

Was „30 Days of Night“ bereits auf den ersten Blick vom Einheitsbrei anderer Vertreter des Subgenres der Vampirfilme abhebt, ist die unglaubliche Aggressivität und Brutalität, die die Vampire bei der Verrichtung ihres Handwerks an den Tag legen. Hier gibt es keinen Platz für romantische Verführungen vor dem Biss in den Hals, keine ebenmäßigen Gesichter und perfekten Körper, die sich nach Sonnenuntergang aus einem Sarg aus rotem Samt erheben und auch keine mystischen Rauchwolken, die das Verschwinden der Untoten begleiten. Es gibt nur tierische Gewalt, erschütternde Aggressivität und hässlichen Blutdurst. Für eventuell anfallende Enthauptungen werden durchaus vier Schläge benötigt und Kopfschüsse kosten das Opfer zumindest die Hälfte des Selbigen. Die Brutalität ist hierbei zwar stets plastisch, aber durchwegs realistisch inszeniert und wirkt an keiner Stelle selbstzweckhaft. Die Vampire machen des weitern keine Gefangenen, außer sie benötigen einen schreienden Lockvogel, um die überlebenden menschlichen Opfer zu zermürben und aus ihren Verstecken zu locken. Logische Konsequenz dieser Verrohung der Blutsauger ist somit auch die Tatsache, dass die Vampire sich keiner bekannten menschlichen Sprache bedienen, sondern lediglich diverse gutturale Laute und ein hässliches Knacken von sich geben, um sich untereinander zu verständigen – einem Rudel wilder Wölfe nicht unähnlich. Desweiteren mussten die zwei typischen spitzen Eckzähne klassischer Vampirgeschichten (vorlagengetreu) einem ganzen Gebiss spitzer Zähne weichen.

Die unglaubliche Optik des Films weiß am meisten zu begeistern. Ob blutige Kämpfe, explodierende Autos, weite Landschaftsaufnahmen oder epische Sonnenuntergänge; alle Aufnahmen ziehen den Betrachter unweigerlich in ihren Bann. Das gestochen scharfe Bild ist eine Freude für jeden Cineasten und die sich ständig mitten im (blutigen) Geschehen befindende Kamera eine Offenbarung für Gorefans. Die Nähe zur Vorlage, sowohl in der Bildsprache als auch in der Farb- und Einstellungswahl tut ihr übriges um den Film zu einem außergewöhnlichen Seherlebnis werden zu lassen. Natürlich kann man in vielen Einstellungen Slades Herkunft aus dem Musikvideobereich erkennen und auf storytechnische Geistesblitze ewig warten, aber das mindert den positiven Eindruck dieses Werkes nicht im Geringsten. In den mehr als 100 Minuten gibt es keine einzige langweilige Sequenz und keinen auch noch so geringen Durchhänger. Auf übertriebenen Klamauk (wie zum Beispiel bei „Blade: Trinity“) oder unpassende Ironie wird durchgehend verzichtet. Zwischenzeitliche amüsante Szenen werden sofort von Angst, Panik und Erschöpfung überschattet und fügen sich nahtlos in die Story ein, ohne aufgesetzt zu wirken.

Die perfekte Umsetzung weiß somit ebenso zu überzeugen wie die gut ausbalancierte Darstellerriege. Melissa George („Triangle“) kämpft sich gewohnt tapfer durch die Handlung, Ben Foster („3:10 to Yuma“) brilliert als namenloser Kundschafter und Danny Huston („X-Men Origins: Wolverine“) begeistert als blutrünstiger Obervampir Marlow. Josh Hartnett („The Faculty“) in der Rolle des Ordnungshüters ist auf den ersten Blick zwar durchaus gewöhnungsbedürftig und zeitweise blitzt auch seine Teeniekomödienseite durch, füllt seine Rolle aber im Großen und Ganzen passend aus.

Ein in vielen Kritiken erwähnter Schwachpunkt des Films soll seine fehlende Einführung und Erklärung der Hinter- und Beweggründe der Vampire sein. Dieser Punkt kann jedoch ebenso gut als besonders positiv dargestellt werden. Warum sich mit unwichtigen Nebenhandlungen aufhalten, um zu erklären aus welchem Grund einige brutale Wesen ihrem animalischen Blutdurst nachgehen, wenn man auch einfach gleich zur Sache kommen kann. Spielberg musste seinen „Weißen Hai“ auch nicht ethnographisch und stammbaumtechnisch einführen um ihn Menschen verspeisen und am Ende ins Gras (oder besser in eine Sauerstoffflasche) beißen zu lassen. Auch für eine tiefgehende Charakterisierung der Lämmer (Einwohner des Dorfes) bleibt in der 113 Minuten langen Comicverfilmung keine Zeit. Einige kleinere Probleme werden am Rande angesprochen jedoch von der allgegenwärtigen Gefahr des plötzlichen und schmerzhaften Todes in den Hintergrund gedrängt. Das wiederum sorgt dafür, dass der Filmfluss an keiner Stelle unterbrochen wird.

Einen weiteren interessanten Kritikpunkt bietet die Aussage, dass die Bewohner von Barrow offenbar instinktiv wissen, wie sie sich gegen Vampire zur Wehr setzen müssen. Das entspricht jedoch nicht wirklich den Tatsachen, da die ersten wirklichen Reaktionen auf die Angreifer erst nach einigen Tagen erfolgen und lediglich von Einzelpersonen ausgeführt werden. Nachdem mehr als 100 Menschen abgeschlachtet wurden und Kugeln in die Körper der Angreifer keinen Effekt gezeigt haben, ist die nächste logische Konsequenz wohl der Angriff auf den Kopf. Irgendwann muss der Lerneffekt (im Gegensatz zu den Mitgliedern der Spezialeinheit in „Resident Evil“, die jeweils drei Magazine verballern, bevor sie mal auf den Kopf zielen) eintreten. Außerdem gilt: wenn menschenähnliche Wesen spitze Zähne haben und ganz offensichtlich Blut trinken, ist der Gedanke einen Vampir vor sich zu haben wohl auch relativ nahe liegend.

Fazit

30 Days of Night“ ist sicherlich einer der wichtigsten Vampirfilme der letzten Jahre. Brutal, ungeschminkt, entmystifizierend und packend inszeniert. Überdies überzeugt David Slades Streifen mit einer genialen Optik, toller Musik und sensationellen Kamerafahrten. Für Personen die mit reißenden Bestien, hektoliterweise Blut im Schnee, (teilweise) übermäßig brutalen Szenen und Musikvideoästhetik nichts anfangen können ist der Streifen höchstwahrscheinlich nicht geeignet. Für alle anderen ein Must-See.

Kritik: Christoph Uitz

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