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"The Idol" - Ersteindruck aus Cannes

Lidanoir

Von Lidanoir in "The Idol" - Staffel 1 - Ersteindruck aus Cannes

"The Idol" - Ersteindruck aus Cannes Bildnachweis: © HBO

Beim Filmfestival in Cannes wurden die ersten beiden Episoden der HBO-Serie "The Idol" gezeigt

Es passt zum institutionalisierten Chauvinismus Cannes, dass im gleichen Festival-Jahr, in dem Johnny Depp für seine Rolle in MaiwennsEröffnungsfilm auf dem Roten Teppich gefeiert wird,  Tochter Lily-Rose Depp (Wolf) in Sam Levinsons (Euphoria Special 2 F*ck Anyone Who's Not A Sea Blob)  spekulativer Serien-Produktion implizit feministische Selbstbestimmung als kapitalistische Sexualisierung definiert. Die ersten Folgen der von heftiger Kritik an den Produktionsbedingungen begleiteten HBO-Serie gleichen weniger der kritischen Sektion des Showbiz, als die sie auftreten, als einer endlosen Agent Provocateur Werbung. 

Der klischeelastige Plot, der in Porno-Manier eine explizite Szene nach der nächsten motiviert, erlaubt der Titelfigur Jocelyn (so edgy, damaged, kinky) und ihrer soliden Darstellerin einzig, zugleich kommerziell, kokett und kaputt auszusehen. „Mental illness is sexy“, verkündet Plattenfirma-Repräsentantin Nikki Katz (Jane Adams, Sick) in der Eröffnungsszene bei einem lasziven Photo-Shooting in einer der permanenten Pseudo-Provokationen der dekadenten Dialoge. Deren metatextuelle Ironie tarnt den moralistischen Mythos von der Musikbranche als sadistischen Sündenpfuhl.  

Dessen verlogene Verurteilung dient der Legitimation eines zutiefst verachtungsvollen Voyeurismus. Der erotisiert die Exzesse und Erniedrigungen der Protagonistin zum sexistischen Spektakel. Dessen methodische Misogynie adaptiert den postmodernen Slang und die politisierten Idiome der liberalen Linken, um die Eingrenzung patriarchaler Machtstrukturen als antifeministisch hinzustellen. Ältere Frauenfiguren verklären die Ära der Weinsteins und Polanskis zur Zeit sexueller Befreiung, junge Frauen wie Jocelyn fordern den male gaze als Ausdruck idealer Ästhetik regelrecht ein - und Levinsons Inszenierung liefert.

Fazit

Dass Amy Semetz für ihre „zu weibliche“ Perspektive aus dem Regiestuhl geschmissen wurde, macht Sam Levinsons sensationalistische Star-Serie perfekt für Cannes. Die vor heuchlerischer Doppelmoral triefende Inszenierung in trashigem Tabloid-Chic erregt an der sexualisierten Selbstzerstörung der stets knapp bekleideten Protagonistin, die jede Kameraeinstellung objektiviert. Professioneller, partnerschaftlicher und psychischer Missbrauch wird romantisiert, die männliche Perspektive als kreativ überlegen definiert. Eine von schrillen Stereotypen bevölkerte Männerphantasie, deren zynische Zeitkritik zutiefst regressiv ist.

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