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Occupied - Staffel 1 - Kritik

von Christoph Uitz

Der norwegische Schriftsteller Jo Nesbø wird den meisten Krimifans vor allem durch seine bereits zehn Bände umfassende Harry-Hole-Reihe und den (im Jahr 2011 von Morten Tyldum verfilmten) Roman „Headhunters“ ein Begriff sein. Weniger bekannt dürfte sein Interesse an der Besetzung Norwegens durch die Nazis im 2. Weltkrieg und die Auswirkungen dieser Ausnahmesituation auf die damalige norwegische Bevölkerung sein. Diese Faszination führte dazu, dass Nesbø bereits 2008 – und somit Jahre vor der aktuellen Ukraine-Krise – die Entwicklung einer Serie über die Besetzung Norwegens durch Russland in Angriff nahm. Sieben Jahre später feierte die zehnteilige erste Staffel von „Occupied“ am 04. Oktober 2015 ihre Premiere beim Sender TV2 und nur wenige Woche später (in der deutschsprachigen Version) auch auf ARTE.

Story:In naher Zukunft entschließt sich die norwegische Regierung seine gesamte Ölförderung zugunsten alternativer Energiequellen einzustellen. Dieser Vorstoß stößt bei der EU, dem größten Energiekunden Norwegens, auf immensen Widerstand. Binnen weniger Stunden beauftragt die EU Russland damit in Norwegen einzumarschieren und die Ölförderung wieder auf das ehemalige Niveau anzuheben. Neben der Problematik der schleichenden russischen Besetzung Norwegens muss sich der amtierende Premierminister Jesper Berg auch mit einer aufkeimenden, semi-terroristischen Widerstandsbewegung und Gegenwind aus der eigenen Partei auseinandersetzen.

Mit einem Budget von knapp elf Millionen Dollar ist „Occupied“ die bisher teuerste norwegische Serie aller Zeiten. Diesen Umstand merkt man der Produktion dankenswerterweise auch in jedem Moment an. In gestochen scharfen Bildern wird ein schnitt- und kameratechnisch exzellenter Politthriller geboten, der sich vor amerikanischen TV-Serien in Punkto Professionalität und Suchtpotential keinesfalls verstecken muss. Der Soundtrack ist dabei ebenso überzeugend wie die gelungene Ausstattung und die kalt-realistische Farbgebung des Settings. Einzig die eher mäßigen digitalen Explosionen, die jedoch nur zweimal wirklich vordergründig zum Tragen kommen, stören das ansonsten umsetzungstechnisch einwandfreie Gesamtbild. Gesondert hervorzuheben ist mit Sicherheit auch noch das brillant geschnittene Intro der Serie, das durch den Song Black & Gold des norwegischen Sängers Sivert Høyem eine ungeahnte Wucht erzeugt und eindeutig nicht zu überspringen ist.

Wo die erste Staffel von „Occupied“ jedoch ein gewisses Problempotential offenbart ist in der grundsätzlich wenig realistischen Ausgangssituation. Das hypothetische Sandbox-Szenario, dass die EU einen Einmarsch Russlands in Norwegen nicht nur dulden, sondern sogar forcieren könnte, um die eigene Ölversorgung sicherzustellen, wirkt bei näherer Betrachtung doch recht überzogen. Dasselbe gilt für die Tatsache, dass sich – in Hinblick auf eine offensichtliche feindliche Übernahme – relativ wenig konkreter Widerstand in der Bevölkerung regt. Anhand aktueller Beispiele von Protestdemonstrationen wie beispielsweise jener im türkischen Gezi-Park lässt sich leicht erkennen wie massiv der Widerstand der norwegischen Bevölkerung gegen solch eine Aktion in Wirklichkeit ausfallen würde. Hat man sich als Thriller-Serien Fan jedoch damit abgefunden, dass der norwegische Widerstand in kleinen (Jugend-)Gruppen seinen Anfang nimmt und die (Rest-)Bevölkerung ihr Vertrauen lieber in das Verhandlungsgeschick ihrer Regierung legt, entfaltet sich eine packende Geschichte, die die ansonsten üblichen Dramakitsch-Klippen (mit wenigen Ausnahmen) gekonnt umschifft.

Die Darsteller rund um Henrik Mestad als Premierminister Jesper Berg und Eldar Skar als Held-wider-Willen Hans Martin Djupvik können auf der ganzen Linie überzeugen. Ungemein konzentriert und ohne übermäßiges Pathos hauchen sie ihren jeweiligen Figuren Leben ein. Vor allem diesem tollen Ensemble ist es auch zu verdanken, dass die konstant an Brisanz gewinnende Story um Widerstand, Verrat, Spionage und (gegenteilige) wirtschaftliche Interessen (nach einem etwas holprigen Start) von Folge zu Folge spannender wird. Mit einem konsequent gesetzten Cliffhanger sorgt „Occupied“ schlussendlich auch noch dafür, dass der geneigte Betrachter sich die Produktion einer zweiten Staffel beinahe herbeisehnt. Da die Serie bereits nach England, Deutschland, Frankreich, Schweden, Dänemark, Finnland, Island, Polen und in alle Beneluxländer verkauft worden ist und dort durchwegs wohlwollend aufgenommen wird, dürfte einer Fortsetzung jedoch soundso nichts im Wege stehen.

Fazit: Die erste Staffel der norwegischen Serie „Occupied“ bietet produktionstechnisch mustergültige Polit-Thriller-Unterhaltung, die jedoch auf einer ungemein gewagten Ausgangsidee fußt und sich streckenweise sowohl charakterentwicklungstechnisch als auch handlungstechnisch etwas zu sehr Richtung Fiktion bewegt. Trotz eines holprigen Starts entfaltet die zehnteilige Serie aber durch tolle Schauspieler, eine famose Optik und eine temporeiche Inszenierung ein unleugbares Suchtpotential. Die Wartezeit auf eine zweite Staffel wird hoffentlich nicht allzu lange dauern.

Blu-ray: Die Blu-ray-Version der ersten Staffel von „Occupied“ erscheint am 04.12.2015 bei absolut MEDIEN GmbH. Die Bildqualität ist ebenso wie die Tonqualität unglaublich gut gelungen. Neben der deutschen Synchronisation liegt auch die Originalfassung (mit französischen Untertiteln) in DTS HD 2.0 vor. Als Extras wartet die Blu-ray leider lediglich mit zwei Interviews auf.

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