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Moviebreaks Monatsrückblick: Juni

von Levin Günther

1. Highlights aus den Kinosälen:

Feinde - Hostiles - Im Gewand eines formschönen Spätwesterns, der von den majestätischen Landschaftspanoramen von Kameramann Masanobu Takayanagi und den gefühlvollen, eindringlichen Klängen von Komponist Max Richter veredelt wird, entpuppt sich Feinde - Hostiles die gesamte Länge seiner zermürbenden 134 Minuten über als kräftefordernder Brocken. Unnachgiebig stürzt der Regisseur die Figuren in den sich endlos wiederholenden Kreislauf aus Töten, Sterben und Verlust, den die meisten von ihnen wie eine unüberwindbare Krankheit mit sich herumtragen. Doch Scott Cooper erweist sich zwischen den grimmig-archaischen Tönen, von denen die Atmosphäre dieses Films überwiegend beherrscht wird, als hoffnungsvoller Erzähler, der selbst im vermeintlichen Stillstand der brutalen Konfrontationen und unausweichlichen Tötungen nach Verständnis und Mitgefühl forscht.

Love, Simon - Für die Romanverfilmung der Vorlage von Becky Albertalli bedient sich Greg Berlanti ausgiebig bei den Mechanismen der Indie-Tragikomödie sowie Coming-of-Age- und Highschool-Filmen, um seine persönliche Variante eines Coming(-Out)-of-Age-Films zu schaffen. In einer der Schlüsselszenen im letzten Drittel des Films gibt Simons Mutter Emily gegenüber ihrem Sohn zu, schon immer gewusst zu haben, dass er ein Geheimnis hütete. In den letzten Jahren konnte sie spüren, wie er stets förmlich die Luft angehalten habe. Jetzt sei die Zeit gekommen, in der er endlich wieder ausatmen könne. Eine berührende Feststellung, die ebenso auf die Struktur von Love, Simon zutrifft. Auch Berlantis Film unterliegt diesem Rhythmus, wenn Gefühle unter Anhalten des Atems wie verschluckt wirken, um irgendwann zwischen zärtlichen Bekundungen, ehrlichen Eingeständnissen und knallbunter Romantik zwischen Lichtermeer und Riesenrad aus voller Kraft ausgeatmet und vor allem ausgelebt werden dürfen.

2. Flops aus den Kinosälen:

Am Strand - Mit fortschreitender Laufzeit wird Dominic Cookes Film neben der stilvollen Ausstattung und schick anzusehenden Einstellungen beinahe nur noch durch die pointierten Schauspielleistungen der beiden Hauptdarsteller getragen. Insbesondere Saoirse Ronan beweist sich einmal mehr als eine der talentiertesten Schauspielerinnen ihrer Generation, indem sie Florence eine sensible Unsicherheit verleiht und von ihrer seltenen Qualität profitiert, durch die sie gleichzeitig wie ein junges Mädchen und eine reife Frau zur gleichen Zeit auftreten kann. Die Unentschlossenheit sowie fatale Kommunikationsschwierigkeiten, die den Film zunehmend in Richtung Tragödie drängen, vertraut der Regisseur dafür hingegen zu wenig den Figuren im Hier und Jetzt des Jahres 1962 zu. Stattdessen verpasst Cooke den idealen Ausstieg und manövriert die Geschichte aus McEwans Drehbuch in eine Abfolge von Zeitsprüngen von äußerst wechselhafter Qualität. 

3. Highlights im Heimkino:

Im Zeichen des Bösen - Ein Meisterwerk des Film noir, das zugleich fulminanten Höhe- sowie pechschwarzen Endpunkt des Genres markiert. Orson Welles spielt dabei selbst den lebensmüden Ermittler, um eine der moralisch ambivalentesten Figuren der Schwarzen Serie zu kreieren. Furios spielt der Regisseur seine Figur als brodelndes, von Hass zerfressenes Monstrum, das nach und nach immer tragischere Schichten seiner Existenz offenlegt. Stereotypen sind in Welles' Film unterdessen längst zu grauen Schattierungen geworden, die sich in kein passendes Muster mehr einfügen lassen.

Halloween II - Einer der 5 besten Horrorfilme des bisherigen Jahrhunderts. Mit Halloween II hat sich Rob Zombie endgültig von vorgefertigten Remake-Strukturen gelöst und einen radikal verstörenden, erbarmungslosen Koloss von Film geschaffen, der sich zwischen garstiger Slasher-Grausamkeit, tieftragischen Verlusten und psychischer Verwahrlosung sowie avantgardistischen Ambitionen niemals fassen und noch schwerer verarbeiten lässt. 

Martha Marcy May Marlene - Das Leben einer entflohenen Sektenaussteigerin, inszeniert als hypnotisch langsames, subtil beunruhigendes Indie-Drama. In der Hauptrolle von Sean Durkins kleinem Juwel spielt eine fantastische Elizabeth Olsen die von Paranoia zerfressene Protagonistin als vage zwischen Vergangenheit und Gegenwart versinkendes Fragezeichen. Schlussendlich muss sie realisieren, dass sie mental niemals mehr ein normales Leben zurückkehren kann.

4. Flops im Heimkino:

Stürmische Ernte - Zwischen all den sperrigen, unbequemen und im besten Sinne herausfordernden Literaturverfilmungen von James Franco entpuppt sich Stürmische Ernte als bislang unausgegorenstes, da erzählerisch und inszenatorisch viel zu konventionelles und banales Werk. Die Geschichte eines rebellischen Aufstandes unterdrückter Plantagenarbeiter, die im USA der 1930er-Jahre für mehr menschliche Würde streiken und kämpfen, versickert zwischen dramaturgisch unterentwickelten Konflikten und simplen Botschaften zu bekömmlicher Standardkost, die an eine trockene Geschichtsstunde erinnert, die mit purem Kino, wie es Franco als Regisseur durchaus oftmals aufbot, nur noch wenig zu tun hat.

5. Alles über Serien:

Diesen Monat noch einmal beide Staffeln Atlanta gesehen. Ganz groß, eine der besten Serien der Gegenwart. 

6. Für den Juli plane ich:

The First Purge, Ant-Man and the Wasp, Sicario 2

7. Filmschaffende(r) des Monats:

Rob Zombie

8. Mein Monat hat mich irgendwie an diesen Film erinnert:

Kap der Angst

9. Thema des Monats: Meine Gedanken zu den Star Wars-SpinOff-Filmen:

Bitte alle komplett einstampfen. Danke. 

MrDepad

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