Wer hat eigentlich mit diesem Hype begonnen? Wer hat zuerst davon erzählt, man hätte es hier mit einem bahnbrechenden, ja gar beispiellosen Meisterwerk zu tun? Was ist so überraschend, dass es hier leise ist? „Ja, es war im Kino wirklich leise!“ hat mir ein Kollege neulich beteuert. Dass niemand mit Popcorntüten raschelt und kein Strohhalm laut die letzten Tropfen aus einem Becher zu saugen versucht, sagt also nun etwas über die Qualität eines Films aus. Na dann. A Quiet Place ist ein Horrorfilm mit immensem Erfolg. Quasi der lang ersehnte Hit für Michael Bays Horror-Produktionsschmiede, deren bisherige Ausbeute nicht der Rede wert war. Mit A Quiet Place wurde nun anscheinend dem Modell Blumhouse Productions nachgeeifert - und dort wie da geht die Rechnung auf.
Doch auch das sagt nichts über die Qualität des Films aus. Und diese muss mir entweder noch einmal erklärt werden, oder alle anderen müssen ein paar Gänge zurückschalten. John Krasinski, der sicherlich im großen Ganzen mit seiner Regiearbeit überrascht, ist eben kein Meisterregisseur (und hat dann auch noch von Herrn Bay gelernt). Dementsprechend plump, das Wort reicht eigentlich nicht, fallen die inszenatorischen Mechanismen des Films aus. GUCK MAL, SUSPENSE! GUCK MAL, DAS WIRD SPÄTER NOCH WICHTIG! Da weder der Eindruck für Suspense noch für Signifikanz im Verlauf des Films wirklich eingelöst werden, verhallen diese Schreie im Nichts. Es beeindruckt, beeinflusst nicht. Es befremdet einfach nur und entbehrt nicht der wunderbaren Ironie, den Zuschauer wie einen Tauben zu behandeln - nur weil die Figuren nicht sprechen dürfen.
Natürlich sammeln sich vereinzelt nette Einfälle an. Wenn Vater und Sohn gemeinsam zu einem Wasserfall gehen, um dort miteinander sprechen zu können, dann ist das eigentlich ein schöner Moment. Auch wenn die Moral von der Geschicht’ zunächst „Solang du nicht lauter als dein Umfeld bist, ist alles gut.“ lautet. Da kann man dem Regisseur im schlimmsten Fall Idiotie, mindestens aber Fahrlässigkeit vorwerfen, zumal er diese Aussage im Film zu revidieren versucht, es aber nicht schafft. Auch teilweise gelungen ist der zeitweise Verzicht auf jegliche Geräuschkulisse, um die taube Tochter zu etablieren. An seinem dramatischen Höhepunkt jedoch, wenn dieses Stilmittel seine höchste Intensität erfahren soll, verpufft die Wirkung und zieht die Spannung derart aus der gesamten Szenerie, dass sich der Moment wie ein richtig unpassender Fremdkörper in dem Film anfühlt.
Auch angenehm ist, dass der Film sich nicht an uninteressanten Erklärungen abreagiert - der Zuschauer wird von Beginn an in die Welt geworfen und muss dann dort klarkommen. Der Rest der vermeintlichen Qualitäten versumpft in stumpfer Wiederholung und übertriebenem Pathos. Emily Blunt hätte NIEMALS diese Rolle angenommen, wenn ihr Mann nicht für den Film verantwortlich gewesen wäre - ihre Figur ist drauf beschränkt, die Hand erschrocken vor den Mund zu halten. Und so bleibt ein hübsch anzusehender Film, der teilweise unfassbar dilettantisch daherkommt und dies mit ein paar spannenden Szenen kombiniert. Kommt dabei am Ende ein Meisterwerk heraus? Mitnichten.