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How to Make a Monster - Was macht einen Horrorfilm kontrovers?

Lidanoir

Von Lidanoir in Kannibalen, Kettensägen & Kontroversen: Sieben Horrorfilme, die für Skandale sorgten

How to Make a Monster - Was macht einen Horrorfilm kontrovers? Bildnachweis: ©

Schon vor seiner Etablierung als solches war Horror ein geschmähtes Genre, prädestiniert für Kontroversen. Diese lassen sich grob in drei Kategorien unterteilen: Inhalt, Mitwirkende, Produktionsumstände. Aktuelle Filmkontroversen fallen nahezu ausnahmslos in die zweite und dritte Kategorie; Sie betreffen nicht das, was auf Leinwand oder Bildschirm gezeigt wird, sondern die in das Projekt involvierten Personen (die Polanskis, Allens, Spaceys und Hammers) oder Ereignisse während dessen Entstehung (ökologische Verwüstung, unhaltbare Arbeitsbedingungen, Tierquälerei). Dass die Kategorie aufgrund ihres Inhalts umstrittener Werke wie der dieses Specials (nicht immer ausschließlich, siehe Cannibal Holocaust) einst praktisch die Einzige war, mittlerweile aber die Ausnahme ist, halten manche für alarmierend. Publikum total abgestumpft, moralischer Verfall, alle heutzutage so empfindlich, Werk und Täter trennen usw. 

Tatsächlich aber zeugt es von ethischem Bewusstsein und ein wenig mehr Accountability, dass die Realität das Publikum mehr beschäftigt als Fiktion. Die wird erfahrungsgemäß desto schärfer überwacht, je weniger die Rechte wahrhaftiger Menschen geachtet werden. Zugleich haben zaghafte Lockerungen der Zensur dazu beigetragen, dass selbst Werke, die es mit allen (dramatischen) Mitteln darauf anlegen, nur selten Kontroversen schaffen. A Serbian Film ist mit seinem erfolgreichen Festival Run ein Beispiel für den gescheiterten Versuch, während Human Centipede letztlich zu leicht als Befriedigung koprophager Fetisch-Phantasien zu durchschauen ist. Alles wurde schon gezeigt und gesehen, Schocks sind als Special Effects durchschaut und das Grauen der Wirklichkeit ist sowieso unübertroffen. Aber wenn etwas den Stein des Anstoßes mal ins Rollen bringt, ist es meist eines der Kardinalthemen: Gewalt, Sex, Religion. Wobei Kombination die Chancen verstärkt. 

Hilfreich ist zudem eine Verbindung zur Realität, sei es durch angeblich filmisch inspirierte Verbrechen oder die vermeintliche Authentizität des Materials. Notfalls tut es ein „basierend auf wahren Begebenheiten“. Eine echte Kontroverse erfordert allerdings mehr als das Abhaken von Kriterienboxen, nämlich eine Instanz, die das fragliche Werk anprangert oder indiziert, zum anderen gesteigerte öffentliche Wahrnehmung, die im Idealfall synergetisch wirken. Nur sind forcierte Kontroversen ein bisschen wie verrückte Experimente: Man sollte sich vorher überlegen, was man da lostritt. Einer, der das nicht beachtet hat, war der britische Verleih Go Video. Der beschwerte sich bei der National Viewers‘ and Listeners‘ Association anonym über den eigenen Exploitation-Schocker, um Publicity zu generieren. Vorsitzende der NVLA war … Mary Whitehouse! Erscheint dieser Name, erklingt im Hintergrund quasi automatisch Bernhard Hermanns Streicher-Stakkato aus Psycho. 

Whitehouse beurteilte das Angebot der Videotheken mit einem Begriff, der die ambivalente Mentalität der Ära bündelte. Video nasty. Synonym für das soziologische Phänomen der politisch gesteuerten Panik der bürgerlichen Mittelschicht vor subversivem Schund, der - in Kombination mit Sozialleistungen - die Armen in sadistische Serienkiller und minderjährige Mörder verwandelte. Nicht zufällig liegt die Mehrheit der großen Filmkontroversen in auffälliger zeitlicher Proximität. Die von politischen Umbrüchen geprägten 70er in den USA und die neo-liberalen bis neo-faschistischen 80er in Großbritannien waren ein idealer Nährboden, bevor Kontroversen den erwähnten Wandel unterliefen. Was Horror-Inhalte kontrovers macht, sind nicht einfach Themen und Motive. Es ist deren soziologischer und politischer Rahmen. In diesem Sinne sind Kontroversen um Horrorfilme das Gleiche wie die Werke, die sie betreffen: Spiegel verborgener Ängste.

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