Zweiter Klassiker: Glück aus dem Blickwinkel des Mannes
Von Smooli in In Großaufnahme: Das Werk der Agnès Varda
am Dienstag, 29 Mai 2018, 22:25 Uhr
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Ungewöhnlich zynisch wird Varda, als sie diese Geschichte maskulinen Selbstverständnisses erzählt. Ein Mann, verliebt in zwei Frauen und zufrieden damit. Er will das Glück mit seiner Ehefrau teilen und fällt unbeholfen zwischen die Stühle, als seine Frau nicht mit jauchzender Freude reagiert. Varda arbeitet mit den wärmsten Farben und erzählt eine sehr tragische Geschichte, die in lähmender Kühle endet. Varda greift dabei viele feministische Anleihen des damals aktuellen Zeitgeschehens in Frankreich auf und behandelt diese als gesellschaftspolitischen Kommentar.
Auszug aus Vitellones Kritik: Als es dann letztlich doch zum einschneidenden Ereignis kommt, bleibt die Welt nur für den Bruchteil einer Sekunde stehen. Spätestens zu diesem Zeitpunkt wird klar, dass Vardas angedeutetes Konzept von männlichem Glück die reinste Farce ist. Eine kritische Überspitzung, eine zwanghafte Umkehr ins Positive. Dieser Ansatz resoniert vor allem deshalb so gut mit dem Zuschauer, weil Varda alle anderen Elemente der filmischen Gestaltung unterordnet. Gefühle, Eindrücke und Stimmungen vermittelt sie primär auf formaler Ebene, während beispielsweise die Dialoge stets wie naive Plaudereien anmuten. So sind es nicht nur die immer wieder eingestreuten Bildschnipsel, die einen Bruch suggerieren, sondern vor allem die farblich kontrastierten Übergänge, die in rot, blau und weiß (zufällig oder auch ganz bewusst die Nationalfarben Frankreichs) jeweils für die drei ausschlaggebenden Figuren der Ménage-à-trois stehen. Das Schöne daran ist, dass man diesen Umstand nicht bewusst wahrnehmen muss, sondern ganz direkt in der von Agnes Varda so plastisch entworfenen Welt fühlen kann.