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Frau Müller muss weg: Interview mit Ken Duken

OnealRedux

Von OnealRedux in Frau Müller muss weg: Interview mit Ken Duken

Frau Müller muss weg: Interview mit Ken Duken Bildnachweis: © 2014 Constantin Film Verleih GmbH

Frau Müller muss weg!“ - das ist das große Thema in Sönke Wortmanns gleichnamigen Film, der heute deutschlandweit in den Kinos anläuft. Dass die Klassenlehrerin Frau Müller (Gabriela Maria Schmeide) weg muss, steht fest, als sich eine Gesandtschaft besorgter Eltern zu einem außerplanmäßigen Termin zusammenfindet. Weil die Noten schlecht sind und am Schuljahresende die Entscheidung fällt, ob die Kinder den Sprung aufs Gymnasium schaffen, sind die Eltern (Justus von Dohnányi, Anke Engelke, Ken Duken, Mina Tander, Alwara Höfels) fest entschlossen, mit der Absetzung der Lehrerin zu retten, was noch zu retten ist – koste es, was es wolle! Doch Frau Müller spielt nicht mit. Im Gespräch mit Lukas Jahn spricht Hauptdarsteller Ken Duken über seine Arbeit am Film, die eigene Schulzeit und das heutige Schulsystem.

Ken, Du spielst im Film neben Schauspielgrößen wie Anke Engelke – wie war da die Zusammenarbeit und wie fühlt sich das an?

Das war eine sehr schöne Zusammenarbeit! Der komplette Cast hat unglaublich viel Spaß gemacht. Wenn jemand so schultraumatisiert ist wie ich und jeden Tag im Klassenzimmer sitzt und trotzdem Spaß an der Arbeit hat, dann spricht das für den Cast.

Schultraumatisiert ist ein gutes Stichwort! Wie warst Du als Grundschüler denn vom Charakter her drauf? Ruhig, Streber oder doch eher Klassenclown?

Das klingt jetzt unglaublich abgedroschen, aber ich kann tatsächlich wirklich sehr wenig über die Schulzeit erzählen. Ich habe sehr viele Schulen besucht. Was vielleicht meine Haltung und auch meine Schulzeit ein wenig beschreibt, ist, wie mein erster Schultag ablief. Als ich Nachhause gekommen bin und gefragt worden bin, wie es denn so war, habe ich gesagt „Ganz okay, aber ich glaube wir sind nicht fertig geworden und ich muss morgen noch mal hin.“ – und so zog sich das dann irgendwie noch ein paar Jahre weiter.

Gab es denn trotzdem auch Lieblingsfächer, die Dir besonders viel Spaß gemacht haben?

Das hat bei mir ziemlich gependelt und hatte auch viel mit den Lehrern zu tun. Ich liebe den Film „Club der toten Dichter“. Als ich mir den Film angeschaut habe, habe ich mich immer gefragt, wo solche Lehrer denn für mich sind. Und es gab dann auch hier und da mal einige Perlen – da machte dann sogar auch mal Mathe Spaß.

Im Film fühlen sich die Kinder durch die pädagogische Arbeit von Frau Müller regelrecht terrorisiert. Ist es vielleicht manchmal für Kinder schwer, das Gute im Lehrer zu sehen?

Ich denke, dass heutzutage ein sehr großes Problem ist, dass Schüler viel Druck haben und unsere Gesellschaft unglaublich erfolgsorientiert ist. Die Eltern wollen das Beste für ihre Kinder und gehen dann teilweise über Leichen und versuchen, einfach alles durchzupressen, anstatt darüber nachzudenken, was wirklich das Beste für das eigene Kind ist. Mir persönlich ist das heutzutage einfach zu sehr masseorientiert und da fehlt mir der Individualismus und die Kreativität. Oft fehlt dann auch noch die Kommunikation zwischen Eltern und Lehrern.

Und am Ende geben die Eltern dann tendenziell auch immer eher den Lehrern die Schuld an jeglichen Problemen der eigenen Kinder?

Gegenfrage: ist das nicht heute generell ein gesellschaftliches Problem, dass man die Fehler einfach immer bei den anderen sucht? Ich habe irgendwann für mich einfach die Haltung gefunden, dass ich das Umfeld nicht verändern kann. Aber ich kann mich an das Umfeld anpassen und versuchen, das Beste daraus zu machen ohne mich zu verbiegen.

Wie weit dürfen Eltern denn Deiner Meinung nach in das Handwerk des Lehrers eingreifen und wo sind Grenzen?

Ich denke, das hängt alles einfach von der Kommunikation ab. Meiner Meinung nach, wird immer nur nach der Antwort gesucht anstatt sich Fragen zu stellen. Ich glaube, dass wenn man die richtigen Fragen stellt, findet man automatisch die besten Antworten. Es gibt heutzutage so viele verschiedene Schulsysteme und Möglichkeiten, ein Kind sich selbst frei entfalten zu lassen – ich weiß nicht, warum man dann oft noch versucht, so krampfhaft an Dingen festzuhalten.

Im Film erwähnt Frau Müller, dass Kinder heutzutage immer unruhiger sind in der Schule. Was denkst Du, woran das liegt?

Wenn, dann würde ich eher sagen, dass es eine gesellschaftliche Unruhe und viel Druck gibt. Man kennt das ein bisschen als Städter, wenn man aufs Land – zum Beispiel in ein Hotel – kommt und einfach unglaublich hektisch ist und die Person an der Rezeption ganz entspannt ist – das ist eine ganz andere Ruhe. Diese Hektik ist einfach wie eine Krankheit und wird wie ein Virus weitergetragen...

…und dann auf unsere Kinder übertragen?

Natürlich. Die Kinder nehmen das ja wahr. Und dann kommen noch Einflüsse wie Handy, Computerspiel und vieles mehr dazu. Früher hat man einen Sport gemacht und ein Hobby gehabt – heutzutage spielt man Golf, gleichzeitig Klavier und hat dann noch eine Tennisstunde. Es gibt so viele Dinge, die heute passieren, die man auch durch das Fernsehen mitbekommt. Ideale, die einem dadurch vorgespielt werden. Es wird alles viel größer, schneller und darauf muss man für sich selber reagieren. Verändern werden wir das nicht können, aber man kann seine Position dazu finden.

Für welche Zielgruppe ist der Film gemacht und was ist Deiner Meinung nach die Message des Films?

Ich habe da eine andere Meinung zu als mein Verleih, der teilweise sagt, dass die Zielgruppe ‚Eltern‘ ist. Ich habe mir damals die Theateraufführung von FRAU MÜLLER MUSS WEG! Von Sönke Wortmann angeschaut. Er hat mir nicht wie üblich ein Drehbuch gegeben. Ich wusste gar nicht genau, was er für ein Projekt plant und er meinte nur, ich solle mir einfach das Theaterstück angucken kommen. Und der Theatersaal war voll mit jungen Leuten und es wurde unglaublich viel gelacht, weil es einfach so bitterbös und komisch ist. Der Film nimmt keinen moralischen Zeigefinger oder wertet. Die Message von dem Film ist, dass man sich auch mal in allem hinterfragen muss. Und dass man manchmal auch aus Liebe anderen Menschen schaden kann. Ich denke auch, dass irgendwo erzählt wird, dass man mit Problemen von Freunden oft viel offener umgeht als mit denen der eigenen Kinder. Die werden oft nach unten gedrückt anstatt dass man sich einfach einmal mit dem Problem auseinander setzt. All das ist für mich die Aussage von dem Film.

Vielleicht auch ein bisschen, dass man auch mit einem durchschnittlichen Hauptschulabschluss viel erreichen kann und es nicht immer ein Abitur sein muss?

Sogar mit einem Schulabbruch! Natürlich gibt es eine gewisse Sicherheit durch einen Schulabschluss und eine Ausbildung, aber die Frage ist: was möchte man? Mir hat mal eine Lehrerin sehr klar und direkt gesagt: „Du bist nicht hohl in der Birne, aber Du bist kein Akademiker!“. Ich bin einfach nicht der Typ Mensch, der sich stundenlang irgendwo hinsetzt und sich mit einer Sache beschäftigt. Das kann ich über einen Zeitraum, aber wenn ich dann plötzlich irgendwas sehe, was mich mehr interessiert, dann frage ich mich, warum ich mich mein Leben lang mit einer Sache mein Leben verschwenden soll. Und ich möchte das gar nicht gegeneinander aufwerten: ich bewundere es, wenn das Leute können. Aber zu mir passt diese andere Haltung eben besser. Und ich denke, dass eine geheime Message des Films vielleicht auch ist, dass die Werte, die man seinen Kindern vorlebt, viel wichtiger sind, als das, was man sagt. Kinderohren funktionieren nämlich nicht ansatzweise so gut wie die Augen. Egal, womit man glücklich wird. Wenn man das macht, was man gerne macht, wird man glücklich.

FRAU MÜLLER MUSS WEG! ist eine Produktion der Little Shark Entertainment und Constantin Film Produktion in Co-Produktion mit Seven Pictures Film und wurde gefördert mit Mitteln der Film- und Medienstiftung NRW, der FFA, dem DFFF und des FFF. auf - Kinostart: 15. Januar 2014

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