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"Fortitude" - Staffel 1 - Kritik
Von Stu in "Fortitude" - Staffel 1 - Kritik
am Freitag, 12 Februar 2016, 16:52 Uhr
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Wenn uns die Geschichte des Fernsehens etwas gelehrt hat, dann dass scheinbar harmlose Städtchen meist ein Garant sind für tiefe menschliche Abgründe und allerlei Boshaftigkeiten. Man denke da nur an „Twin Peaks“, „Wayward Pines“ oder „Fargo“. Mit letzterem hat „Fortitude“ vor allem eines gemeinsam: die Kälte. Doch selbst die Schneemassen aus „Fargo“ kommen nicht an die Kältegewalten an, die bei „Fortitude“ herrschen. Kein Wunder, der Handlungsort der Serie aus dem Hause Sky, ist eine britische Forschungsstation mit dazugehörigem Städtchen auf Spitzbergen. Dort herrscht eigentlich Ruhe und Ordnung. Während internationale Arbeiter in den Minen ihr Glück versuchen, experimentieren die Wissenschaftler in ihren Labors und die Polizei hat eigentlich nicht mehr zu tun als präsent zu sein. Doch das ändert sich schlagartig, als ein Wissenschaftler bestialisch ermordet wird. Plötzlich wird aus der „sichersten Stadt der Welt“ ein mysteriöser Ort, in dem jeder das nächste Opfer wie sein kann, aber auch Täter.
Die britisch-skandinavisch-amerikanische Ko-Produktion erweist sich als Produkt, welches auf mehreren Hochzeiten tanzt, zumindest zu Beginn. Denn vor allem die ersten Episoden von „Fortitude“ sind durchdrungen von einem stimmungsvollen Mix aus Mystery-Thriller, schwarz-lakonischem Humor sowie klassischem Whodunit-Krimi. Genau diese Rezeptur zieht einen als Zuschauer auch relativ schnell in ihren Bann und dass die Serie dazu noch gut ein Dutzend interessante Charaktere auffährt, die alle im Kreise der Verdächtigen austauchen, macht sie Sogkraft noch etwas kräftiger.Doch die Figuren der Serie haben eine enorme Schwäche, die die ganze erste Staffel von „Fortitude“ plagt: Es sind einfach zu viele. Die Serie leidet daran, alles im Übermaß zu betreiben. Egal ob falsche Fährten, Subplots oder plötzliche Wendungen, die Serie findet schlicht und ergreifend kein wirklich gutes Maß. Das ist allerdings erst im letzten Drittel der ersten Staffel wirklich negativ auffällig, weil die Macher dort sehr spürbar auf der Stelle treten und teils wichtige Enthüllungen übertrieben in die Länge ziehen oder ausschmücken. Auch Freunde von realistischen und logischen Auflösungen werden gewiss das ein oder andere Mal eine Gänsehaut über den Rücken fahren, wenn „Fortitude“ die Karten aufdeckt. Schade allerdings, dass die Macher gegen Ende immer noch versuchen ihre Serie als seriöse Unterhaltung zu verkaufen.Es hätte „Fortitude“ sichtlich gut getan, wenn sie sich der blanken Wahrheit gestellt hätte: Die Geschichte ist ziemlicher Humbug.
Das ist aber natürlich nichts Schlechtes. Es ist schön, dass sich „Fortitude“ seine eigene Nische sucht, nur wäre es wohl noch etwas überzeugender gewesen, wenn die Serienmacher irgendwann die Banner der Seriosität hätten wegfliegenlassen und stattdessen stolz dazu gestanden hätten, dass die Jagd nach dem Mörder im ewigen Eis nur auf dem ersten Blick große Ernsthaftigkeit inne hat. Im Kern ist „Fortitude“ nicht mehr und nicht weniger als ein gelungener Groschenroman als Fernsehserie, dem es relativ gut gelingt, den Zuschauer bei Laune zu halten. Auch wenn gegen Ende nicht nur etwas enttäuschende Auflösungen auf einen warten, sondern auch ein Abfall der Gesamtqualität.Bis es aber dazu kommt, stößt einen die Serie in ein unterhaltsames Wechselbad der Gefühle: Ist der Sheriff des Ortes wirklich so liebenswert? Geht die Politikerin für ihr Hotelprojekt über Leichen? Versteckt sich im ewigen Eis etwas Böses, was nun über das Städtchen herfällt? Ist der charmante Helikopter-Pilot vielleicht doch ein unberechenbarer Psychopath? Dies sind nur ein paar Fragen, die „Fortitude“ aufwirft und für deren Beantwortung sich Autor Simon Donald („Low Winter Sun“) eine Menge Zeit lässt.
Auch wenn Staffel eins nur zwölf Episoden á 50 Minuten hat, gibt es durchaus Phasen, in der sich eine Folge wie ein waschechter Spielfilm anfühlt. Das liegt an der bereits erwähnten Überfüllung der Serie, die durchaus Spannung generiert, aber vor allem gegen Ende auch immer wieder zähe Momente generiert, durch die man sich durchbeißen muss.Als Belohnung winkt dabei keine wirklich herausragende Auslösung, stattdessen gibt sich Autor Donald wirklich Mühe in jeder Episode eine andere Bombe platzen zu lassen. Zugegeben, einige falsche Fährten sind leicht als solche zu erkennen und vor allem wenn es um die privaten Problemen der Figuren geht, hält das die eigentliche Spannungsschraube der Serie nur auf. Insgesamt gelinkt „Fortitude“ aber dennoch ein abwechslungsreiches Spiel rund um die Frage „Was ist hier eigentlich los?“. Ganz nebenbei behandeln die Macher dazu noch ethische Fragen – auch wenn sie diese nicht wirklich konsequent weiterverfolgen.
Die Blu-ray: Wer will, kann sich die erste Staffel im Handel kaufen (von Warner Bros.). Zumindest von der technischen Seite gibt es auch keinerlei Einwände. Die Bilder sind gestochen scharf (und teilweise auch wunderschön) und Sound gibt sich auch keine sonderliche Blöße. Bei den Extras sieht es, schaut man sich nur deren Auflistung an, ähnlich fulminant aus, doch leider sind die diversen Featurettes der Blu-ray letztlich nur kleine Making-Of-Schnipsel, die meist nicht länger gehen als zwei, drei Minuten und nicht wirklich viel Background-Wissen überliefern.
Fazit: Die anfängliche, sehr hohe Qualität kann „Fortitude“ nicht beibehalten, dafür gibt es einfach zu viele narrative Baustellen und Autor Simon Donald zieht nicht bloß einen charaktergebundenen Handlungsstrang in die Länge. Dennoch bleibt die einfache aber essentielle Frage, wer oder was der Mörder ist, spannend. Das und die tollen Darsteller machen es, trotz klarer Makel, schwer, sich gegen die erste Staffel der Serie auszusprechen.
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