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Erwähnungen
Moral light
Von Wuttke in Flimmerkiste: The Wolf of Wall Street
am Montag, 20 Januar 2014, 14:25 Uhr
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Kommen wir mal zur Auseinanderpflückung des fimischen Inhaltes. Richtig, sein Mentor und Wegbereiter Mark Hanna deutete nur an, was uns in der nächsten Spielzeit erwarten würde. Onaniere, das entspannt. Schnupfe Koks, das hält dich fit. Klopfe dir auf die Brust und brumme ein Lied, das hält dich bei Laune. Und hier wären wir schon bei einer zweideutigen Szene angelangt, die zwar witzig anzuschauen ist, aber sich in seiner Darstellung vom Autobiografischen ins Kritiklose herabfallen lässt. Natürlich weiß Scorsese die ein oder andere moralische Aussage in die Szenen zu verpacken, doch für sich stehend kann das leicht in den falschen Hals geraten. Hier sollte Kritik geübt werden, kann aber auch als falsches Vorbild dienen. Beinahe so sehr, wie Spring Break-Orgien im Internet Erfolg assoziieren - wer da ohne Krankheiten durchhält, hat eben Glück gehabt.
Man sollte dem Film jetzt auch nicht nachsagen, dass ihm alles egal sei wie seiner Hauptfigur. Er setzt natürlich auch Moral und Kritik an, wo es notwendig ist und hält in diesem 3-Stunden-Donnerwetter auch mal an den richtigen Stellen inne. Und diese sind dort platziert, wo man als Ottonormalbürger seinen Sinn von einem anständigen Leben mit Familie, Job und Freizeit nun mal leben würde. Doch schien der Moment nicht lange anzuhalten. Noch während sich seine erste Ex-Frau mit dem Gedanken anfreunden muss, dass ihr Göttergatte sein irdisches Leben ausgesetzt hatte, tingelt dieser drei Dialogtage später schon frisch verliebt zur blonden Schönheit, um seine Zuneigung innerhalb von 11 Sekunden orgasmatisch zur Schau zu stellen. Ein schlechter Einstieg für jemanden, der gerade am Scheitelpunkt seiner Exzesse lebt - um gen Ende genauso zu versagen. Es ist also okay, es als Zuschauer so zu erfahren, aber schlecht vordergründig einzufangen. Situationsgetriebene werden wohl ihre Probleme mit der Erfassung des Zusammenhangs bekommen.
Tja, und da saßen wir nun, wir geschätzte 150 Kinogänger, die an diesem Abend ihren Weg in das Werk gefunden hatten. Mal abgesehen von Aussagen wie "Ach Gott, der Leo sah aber fertig aus!" bis hin zu "Die geile Maus würde ich auch mal gerne mit ins Bett nehmen." erwarte ich von dem Film doch etwas mehr als nur optischen Reiz und Feedback. Das kann ich auch gerne mit in meine Betrachtungsweise des Filmes mit hineinnehmen und werde auch ein sanftes Feedback bekommen. Doch was ist mit eben jenen, die nur Leos blanken Hintern sehen wollen oder eben die unzähligen, rasierten Bräute, hüfteschwingend auf den besten Stücken von einstigen Sozialverlierern? Schauwerte gibt es für diese Menschen genug, und genau hier sehe ich eine zweischneidige Sache am Rollen. "The Wolf of Wall Street" wird meiner Meinung nach nicht in die Annalen der bedeutungsschweren Dramen eingehen, sondern schon eher als Blaupause für die Karriereförderung eben dieser schweigenden und erwartungsvollen Masse an Seminarbesuchern, die in der letzten Einstellung einen Kugelschreiber verkaufen sollen. Die Krux ist eindeutig: Es geht nicht darum, WAS man verkauft, sondern WIE.
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