Ich muss ja leider schon wieder zugeben, dass moderne Filme und Serien mein geistiges Aufnahmekontingent mehr oder weniger schwer belasten. "Sherlock" ist da in vielerlei Hinsicht gefährlich - erstens wird notwendigerweise viel geredet, zweitens bebildert und drittens in den Storys viel getwistet. Und auch, wenn 90 Minuten nach viel klingen, hat man das Gefühl, dass sie vielleicht nochmal so viel Spielzeit gebraucht hätte, um alle Elemente ohne Hetze zu präsentieren.
Also sitze ich regelmäßig gespannt vor der Glotze und stelle mich auf Redekanonaden und schnelle Schnitte ein und die Tatsache, das Hirn etwas aus dem Alltagstrott zu bewegen. Zugang erhalte ich vor allem durch den Witz, der trocken und ein bisschen piesackig überall wo nur möglich eingesetzt wird, und wenn zwei moderne Stars wie Cumberbatch und Freeman das ungleiche Duo verkörpern, ein Timing sondergleichen hinlegen, dann ist die Unterhaltung schon gewährleistet.
Natürlich hätte die Reihe auch nur eine leere Hülle eines Buddy-Movie-Prinzips darstellen können, also muss auch der Inhalt stimmen. Für mich sorgt gerade dies für so manchen Überladeeffekt, aber abseits von logischen Debatten sollte man den Schreibern dankbar sein, dass sie auf ihre eigene Art und Weise Kriminalistik mit differenter Sherlock Holmes-Interpretationen mixen. Letztlich kommen auch gesellschaftspsychologische Aspekte zusätzlich ins Gespräch, wo ein Brachialtyp wie Sherlock auf den "Gutmensch" Watson trifft. Eine für mich wunderbare Konstellation, über die man auch nach dem Abspann schön weiter sinnieren könnte.
Selbst das Tiefgreifende empfinde ich nicht als lästig. Die Schabloniererei des Duos hat Gott sei Dank den "Oooh"-Faktor Zuhause gelassen, zumindest meistens jedenfalls. Ein bisschen davon kann jeder vertragen, aber wäre "Sherlock" nun eine US-Sitcom-mit-Erziehungsfaktor gewesen, wäre ich auch schnell wieder von Bildschirm verschwunden. Nein, hier ist das wohl dosiert, teils etwas überfantasiert, aber auch dadurch wiederum unterhaltsam.