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Erwähnungen
First Look: The Leftovers - Staffel 1 - Kritik
Von Souli in First Look: The Leftovers - Staffel 1 - Kritik
am Freitag, 19 September 2014, 12:06 Uhr
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Es war ja schon ein ziemlich feiner Grat, auf dem Damon Lindelof und sein treuer Kompagnon Carlton Cuse mit ihrer kultigen Erfolgsserie „Lost“ balanciert sind. Entweder, der Zuschauer wurde aufgrund der unzähligen Chiffren - in jedweder Hinsicht - zur schieren Weißglut gebracht oder er fand sich schnell in seinem Element wieder, um sich rege an dem geballten Mysterium in serieller Struktur zu beteiligen. Oberste Priorität hatte in „Lost“, so jedenfalls der über sechs abwechslungsreiche Staffeln erweckte Devise, Antworten niemals allein für sich stehend zu liefern, sondern durch ein nach langer Wartezeit endlich gelüftetes Rätsel direkt ein neues Fragezeichen emporsteigen zu lassen. Das kann dann schon mal in der Frustration des Zuschauers münden – Einem gewissen Suchtfaktor konnte man sich jedoch nicht entbehren. Nun aber kommen wir mit „The Leftovers“ auf das neue Format des „Lost“-Showrunners zu sprechen und wer meint, Lindelof würde narrativ irgendwie neue Pfade beschreiten wollen, der hat sich gewaltig geirrt: Fragen über Fragen über Fragen dominieren bereits den gut 70-minütigen Piloten.
Aber worum geht es eigentlich? Die Exposition ist eindeutig und macht bereits deutlich, dass „The Leftovers“ nicht das großen Spektakel anvisiert, sondern sich mit ruhigen Tönen zu formulieren versucht: Eine Mutter erledigt in Hektik ihre Einkäufe, ihr Baby immer vor Augen, das Handy stetig am Ohr. Als die Frau ihr Baby in das Auto gepackt hat und nach weiterem Handygespräch über ihre Schulter blickt, muss sie feststellen, dass der Kindersitz leer ist. Schockiert entspringt sie dem Wagen und vernimmt die verstörten Rufe eines Jungen, der seinen Vater urplötzlich nicht mehr auffinden kann. Was geht hier vor sich? Durch eher im Hintergrund eingestreute Informationen aus dem Fernsehen oder dem Radio erfahren wir, dass sich an diesem Tag 2 Prozent der Weltbevölkerung im Bruchteil einer Sekunde in Luft aufgelöst haben. 2 Prozent, das entspricht 140 Millionen Menschen, einer Zahl, die dem irdischen Verlauf nicht schadet, die allerdings im innerfamiliären Kreis wie den politisch-wissenschaftlichen Zirkel ein Gefühl der schieren Hilflosigkeit auslöst.
Niemand kann sich erklären, wohin die Menschen verschwunden sind. Jener Tag, der später noch einen „Tag der Erinnerung“ geschenkt bekommen wird, transzendiert jedes rationale Verständnis und ist unmöglich durch eine weltliche Methoden zu entschlüsseln. Die Menschen müssen sich mit ihren Verlusten arrangieren. Als Protagonist von „The Leftovers“ dürfen wir uns mit David Lynch-Protegé Justin Theroux anfreunden, der den Chief Kevin Garvey mimt. Wobei 'anfreunden' nicht gerade das richtige Wort ist: Garveys Familie wurde zwar verschont, doch seitdem sich seine Frau der Sekte obskuren „Guilty Remnant“ angeschlossen hat, hat sich in dem stringenten Mann eine wahre Ohnmacht ausgebreitet, die nicht nur ihn, sondern auch seine Tochter Jill (Margaret Qualley) belastet. „The Leftovers“ hätte, allein in Hinblick auf sein Konzept und der Prämisse, wohl keine Schwierigkeiten damit gehabt, als adrenalingeladener Mystery-Kracher mit sensationellen Effekten aufzuwarten. Der Serie, und das macht der Pilot unmissverständlich, aber niemals im Hau-Ruck-Verfahren klar, ist an den Schicksalen der Menschen und ihren existenziellen Krisen gelegen.
Außerdem lädt der toll gefilmte und musikalisch hervorragend untermalte Pilot gleich mal dazu ein, Eigeninitiative zu ergreifen und bestimmte Vorkommnisse (neben der rätselhaften Basis des millionenschweren Verschwindens, das vielleicht gar biblische Konsequenzen unterlegen ist) zu interpretieren: Wofür könnte das Reh stehen? Was ist damit gemeint, wenn gesagt wird, dass die Hunde, die Zeuge der Vorfälle wurden, zurück zu ihren animalischen Wurzeln kehren? Wird es den Menschen ebenso ergehen, nur mit verzögerter Wandlung, und werden sie ebenfalls zurück in Ur-Verhaltensmuster kippen? Oder geschieht tatsächlich noch das Undenkbare und es wird eine wissenschaftliche Erklärung in der Kosmologie gefunden? Der Pilot macht keine Anstalten darum, irgendwelche Lösungen zu offenbaren, alles erscheint vage, zweifelhaft, nebulös. Doch es macht Lust, dem Geschehen weiterhin zu folgen, nicht, weil die Handlung an und für sich schon nach Grundierung verlangt, sondern weil die Charaktere ziemlich gut vorgestellt wurden und einen angenehmen Tiefgang versprechen. Die Chancen stehen zweifelsohne verdammt gut, dass sich in „The Leftovers“ ein wahres Kleinod am riesigen Serienfirmanent aufgetan hat. HBO halt.
Bisherige Wertung: 7,5 von 10
Aber worum geht es eigentlich? Die Exposition ist eindeutig und macht bereits deutlich, dass „The Leftovers“ nicht das großen Spektakel anvisiert, sondern sich mit ruhigen Tönen zu formulieren versucht: Eine Mutter erledigt in Hektik ihre Einkäufe, ihr Baby immer vor Augen, das Handy stetig am Ohr. Als die Frau ihr Baby in das Auto gepackt hat und nach weiterem Handygespräch über ihre Schulter blickt, muss sie feststellen, dass der Kindersitz leer ist. Schockiert entspringt sie dem Wagen und vernimmt die verstörten Rufe eines Jungen, der seinen Vater urplötzlich nicht mehr auffinden kann. Was geht hier vor sich? Durch eher im Hintergrund eingestreute Informationen aus dem Fernsehen oder dem Radio erfahren wir, dass sich an diesem Tag 2 Prozent der Weltbevölkerung im Bruchteil einer Sekunde in Luft aufgelöst haben. 2 Prozent, das entspricht 140 Millionen Menschen, einer Zahl, die dem irdischen Verlauf nicht schadet, die allerdings im innerfamiliären Kreis wie den politisch-wissenschaftlichen Zirkel ein Gefühl der schieren Hilflosigkeit auslöst.
Niemand kann sich erklären, wohin die Menschen verschwunden sind. Jener Tag, der später noch einen „Tag der Erinnerung“ geschenkt bekommen wird, transzendiert jedes rationale Verständnis und ist unmöglich durch eine weltliche Methoden zu entschlüsseln. Die Menschen müssen sich mit ihren Verlusten arrangieren. Als Protagonist von „The Leftovers“ dürfen wir uns mit David Lynch-Protegé Justin Theroux anfreunden, der den Chief Kevin Garvey mimt. Wobei 'anfreunden' nicht gerade das richtige Wort ist: Garveys Familie wurde zwar verschont, doch seitdem sich seine Frau der Sekte obskuren „Guilty Remnant“ angeschlossen hat, hat sich in dem stringenten Mann eine wahre Ohnmacht ausgebreitet, die nicht nur ihn, sondern auch seine Tochter Jill (Margaret Qualley) belastet. „The Leftovers“ hätte, allein in Hinblick auf sein Konzept und der Prämisse, wohl keine Schwierigkeiten damit gehabt, als adrenalingeladener Mystery-Kracher mit sensationellen Effekten aufzuwarten. Der Serie, und das macht der Pilot unmissverständlich, aber niemals im Hau-Ruck-Verfahren klar, ist an den Schicksalen der Menschen und ihren existenziellen Krisen gelegen.
Außerdem lädt der toll gefilmte und musikalisch hervorragend untermalte Pilot gleich mal dazu ein, Eigeninitiative zu ergreifen und bestimmte Vorkommnisse (neben der rätselhaften Basis des millionenschweren Verschwindens, das vielleicht gar biblische Konsequenzen unterlegen ist) zu interpretieren: Wofür könnte das Reh stehen? Was ist damit gemeint, wenn gesagt wird, dass die Hunde, die Zeuge der Vorfälle wurden, zurück zu ihren animalischen Wurzeln kehren? Wird es den Menschen ebenso ergehen, nur mit verzögerter Wandlung, und werden sie ebenfalls zurück in Ur-Verhaltensmuster kippen? Oder geschieht tatsächlich noch das Undenkbare und es wird eine wissenschaftliche Erklärung in der Kosmologie gefunden? Der Pilot macht keine Anstalten darum, irgendwelche Lösungen zu offenbaren, alles erscheint vage, zweifelhaft, nebulös. Doch es macht Lust, dem Geschehen weiterhin zu folgen, nicht, weil die Handlung an und für sich schon nach Grundierung verlangt, sondern weil die Charaktere ziemlich gut vorgestellt wurden und einen angenehmen Tiefgang versprechen. Die Chancen stehen zweifelsohne verdammt gut, dass sich in „The Leftovers“ ein wahres Kleinod am riesigen Serienfirmanent aufgetan hat. HBO halt.
Bisherige Wertung: 7,5 von 10
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