Mit "Thor: The Dark World" liefert Regisseur Alan Taylor genau das, was im Zusammenhang mit Marvel immer wieder gerne abschätzig als Auftragsarbeit bezeichnet wird: Einen platten, langweiligen und gänzlich uninspirierten Flickenteppich von Film, der glaubt, seinennaiven Charme als Vorteil ausspielen zu können. Wo Kenneth Branagh mit seiner kitschig-theatralischen Vision von Asgard noch einen Geschmacksnerv bei mir traf, haben die fünf (!) Drehbuchautoren von "The Dark World" mit ihrer Story die übelste Ansammlung von Genre-Klischees zusammengestellt, den klassischen Bösewicht mit der "Uhm... because!"-Einstellung gleich inbegriffen.
Bereits wenn Allvater Odin im unliebsam vor den Film geklatschten Prolog unheilschwanger Exposition dahindeklamiert (»Long before the birth of light there was darkness, and from that darkness came the Dark Elves...«), möchte man laut seufzen, mit was für erzählerischer Plattheit man hier ans Werk gegangen ist. Ein Fiesling, der das Universum for whatever reason mit einer mächtigen Waffe ins Dunkel stürzen möchte? Der nach Jahren des Wartens erwacht, mit verstellter Stimme ein paar fremdsprachige Zungenbrecher aufsagt und dann mit seinen protzigen Maschinen die Erde demoliert? For god’s sake, come up with something new! Schurke Malekith, dem Christopher Eccleston nur durch sein finsteres Make-Up ein wenig bedrohliche Ausstrahlung verleiht, bleibt dabei eine sträflichst unterentwickelte Figur. Dasselbe gilt im übrigen für beinahe alle anderen Charaktere: Natalie Portman verbringt die Hälfte des Films als menschlicher MacGuffin, Kat Dennings und ihr Sidekick liefern einen nervigen One-Liner nach dem anderen, und Tom Hiddlestons Loki wird zum Fangirl-Service auf zwei Beinen degradiert.
Schon das Finale von "Iron Man Three"umgab das leichtsinnige Gefühl, dass es eigentlich um gar nichts mehr geht. „The Dark World“ treibt diese Willkürlichkeit nun auf die Spitze. Immer wieder abwechselnd geht es um einen möglichst protzigen Effekt, sitzende Gags, und die Rettung der Welt, nur dass es sich nie so anfühlt, als würde Thor gerade erbittert für das Überleben der menschlichen Rasse kämpfen. Ich bin wahrlich der letzte, der in einer Comicverfilmung mehr Ernsthaftigkeit verlangt, aber Humor und ein leichtes Gefühl von Gefahr schließen sich nicht gegenseitig aus. So kommt es, dass der Film nie wirklich mitreißt, insbesondere da die Action ohne große Wow-Effekte weginszeniert wird. Gags hagelt es dabei ununterbrochen, ohne dass dabei jemals die Humorqualität des ersten "Thor"-Films erreicht wird – in den beiden besten Szenen wird einmal ein Schlüsselbrett zweckentfremdet und einmal gibt es ein kleines, aber absolut unerwartetes Wiedersehen mit einem alten Bekannten.
Lediglich in visueller Hinsicht kann "The Dark World" seinen Vorgänger übertreffen. Alan Taylor dringt erstmalig ein bisschen weiter in die außerirdischen Welten vor und zeigt Asgard nicht nur in all seiner schimmernden Pracht, sondern macht es auch kurzzeitig zum Kriegsschauplatz. Zusätzlich erweitert er die bereits ziemlich illustre Genre-Palette des Marvel-Universums, in dem er viele Sci-Fi-Elemente unter den üblichen Comic-Wumms mischt und mit tollen Luftverfolgungsjagden für kurze Momente sogar den 3D-Aufpreis rechtfertigen kann. Diese kurzen Lichtblicke retten "The Dark World" in allen anderen Bereichen aber leider nicht vor der Vollkatastrophe.