Erwähnungen
Ed Wood Box: Vom Fliegen träumen, das Stürzen lernen
Von Souli in Ed Wood Box - Kritik
am Freitag, 06 März 2015, 15:02 Uhr
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„Die Welt ist ein seltsamer Ort zum Leben. All diese Autos! Alle fahren irgendwohin! Und in allen sitzen Menschen, die ihr Leben führen! Doch das Leben – auch wenn es sich nur langsam verändert – schreitet voran.“ Und Ed Wood (bürgerlich: Edward Davies Wood jr.) musste wiederholt am eigenen Leibe erfahren, dass diese langsamen Veränderungen nicht immer die schmackhaftesten Früchte trugen. Nein, das Schicksal hat es offensichtlich nicht rosig mit Ed Wood gemeint, vielleicht war es aber auch einfach nur so, dass der am 10. Oktober 1924 in New York City geborene Filmemacher und Transvestit einfach nur am Wühltisch für Frauenunterwäsche hängengeblieben ist, als Gott das Talent großzügig unter seinen Schäfchen verteilt hat. Nicht die Erde ist ein seltsamer Ort geworden, die Menschen, die auf ihr ihr Dasein fristen sind es, und Ed Wood, dieser Exzentriker vor dem Herrn, diese echte Type, gehörte zweifelsohne dazu – Zum Glück. Winklerfilm hat nun eine schmucke Box veröffentlicht, die uns noch einmal die Perspektive gewährt, uns weitreichend mit dem Künstler Ed Wood auseinanderzusetzen.
Ed Wood, das war einer, der vom Fliegen träumte, aber das Stürzen lernen musste. Seine Geschichte ist die eines Idealisten, hoffnungslos, aber irgendwo auch unheimlich romantisch und inspirierend. Die große Hollywood-Karriere war für ihn nur eine Frage der Zeit, Meisterwerke wollte er als fester Bestandteil der schillernden Traumfabrik drehen, an die man sich noch in Jahrhunderten erinnern würde. Heute ist ihm dieser Ruhm zuteil geworden, postum, jedoch unter anderen Vorsätzen: „Der schlechteste Regisseur aller Zeiten“, so der Titel, dem das Buch „The Golden Turkey Awards“ Ed Wood 1979, einem Jahr nach seinem Tode, verlieh. Dass sein Schaffen auch unter dem Banner „Pleiten, Pech und Pannen“ publiziert hätte werden könnte, hat inzwischen zu genüge die Runde gemacht und wer sich nur einmal Tim Burtons brillanten „Ed Wood“ aus dem Jahre 1994 zu Gemüte geführt hat, der weiß, was hinter all diesen losen Floskeln steckt; wie schwer es dieser Mann doch immer hatte, seine Wünsche innerhalb eines Radius geringster Entfaltungsmöglichkeiten zu realisieren.
Ja, Ed Woods Œuvre ist auch ein Betroffen machendes Potpourri aus den Ergüssen fehlenden Könnens und den mit Sicherheit nie habitablen Umständen jener Produktionsbedingungen. Zeit- und Finanzierungsnöte waren Gang und Gäbe und kulminierten in seinem Klassiker„Plan 9 From Outer Space“, über den Ed Wood euphorisch kundtat, „damit in die Geschichte einzugehen“. Dieser zukunftsträchtige Gedanken durfte schließlich tatsächlich von der verschlossenen Knospe zur breitblättrigen Blume sprießen, nur, wie schon oben erwähnt, mit dem Unterschied, dass dieses Werk nicht gut, sondern ein Lehrstück in Billig-Trash ist, mit Kulissen vom Sperrmüll und einem kunterbunten Schauspielarsenal, welches man in jenen Tagen besonders preisgünstig engagieren konnte. Als auch Ed Wood in den 1960er Jahren deutlich wurde, dass er niemals in die Fußstapfen seines großen Vorbildes Orson Welles („Citizen Kane“) hineinwachsen wird, verlor er sich in der Alkoholsucht, wurde zur somatischen Ruine und hielt sich mit Pornographie mehr schlecht denn recht über Wasser. Filmanhängern wird er aber als sympathischer Zeitgenosse im Gedächtnis bleiben, einer, der nicht aufgegeben hat und die bigotten Maschen der 1950er Jahre mit seinem Faible für Angorawolle auflockerte.
Diesem bittersüßen Werdegang zollt die Box nun wunderbar Tribut und gibt sich – eine Ausnahme auf diesem Markt – sogar noch herrlich bescheiden. Beworben mit den drei großen Kultstreifen „Plan 9 From Outer Space“, „Bride of the Monster“ und „Glen or Glenda“, könnte man meinen, die Box würde sich nur auf diese drei Filme stürzen. Aber falsch gedacht: Der geneigte Fan darf sich noch weiterhin erquickt die Hände reiben. Außerdem in der Box enthalten sind die beiden weniger bekannten Werke„Night of the Ghouls“ sowie„Jailbait“, welche zum krönenden Abschluss noch mit der 77-minütigen Dokumentation „Flying Saucers over Hollywood“ abgerundet werden. Wenn hier nicht mal reichhaltiges Material rundum die Person Ed Wood zum Diskurs steht, dann nirgendwo. Als Filmliebhaber sollte man sich ohnehin mit Ed Wood beschäftigt haben und begeht selbstverständlich keinen Fehler damit, sich diese in passend geschmacklosen Pink gehaltene Box (im robusten Schuber) in die heimische Sammlung einzuquartieren.
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