Das Beste zum Schluss. Jedenfalls die beste unheimliche Begebenheit, obschon nicht der beste Film - Renny Harlins Found Footage Horror ist absolut vergessenswert. Anders die ihm zugrunde liegende reale Begebenheit. Der Dyatlov Pass Incident, so der Originaltitel des 2013 erschienen Sci-Fi-Schlocks, erlangte über die Grenzen der damaligen Sowjetunion hinaus Bekanntheit als einer der furchterregendsten und faszinierendsten Fälle ungeklärten Todes. Dieser traf im Februar 1959 neun junge Studierende auf einer Tour durchs nördliche Ural-Gebirge. Die Gruppe bestehend aus sieben Studenten und zwei Studentinnen, alle erfahrene Bergwandernde mit passender Kleidung für die extremen Temperaturen und kompetenter Ausrüstung, planten einen Treck über einen von der indigenen Mansi Gemeinde gemiedene Gegend.
Ihr letztes Lager errichteten sie auf dem sogenannten „Todesberg“ oder in der Sprache der Mansi prosaisch „nicht dort hingehen“. Man muss wohl im stalinistischen Russland aufwachsen um einen Marsch bei Minus 20 Grad zum „Todesberg“ aka „auf keinen Fall dorthingehen“ als erholsamen Ferienausflug zu empfinden. Denn das taten die jungen Leute laut ihren Tagebuchaufzeichnungen und letzten Briefen, in denen von lustiger Stimmung, wodkaseligen Lagerfeuer-Liedern und Diskussionen über Romantik die Rede ist. Nichts deutet auf den letzten Fotos, die eine der beiden Studentinnen schoss, auf etwas Beunruhigendes hin. Doch Tage nach dem verabredeten Datum traf die bei Ankunft versprochene Rückmeldung der Neun bei deren Wander-Club und Familien nicht ein. Besorgt alarmierten die Angehörigen Suchtrupps, die nur noch Leichen fanden; erst von fünf Gruppenmitgliedern und nach der Schneeschmelze schließlich die Körper der übrigen Vier, verstreut auf einem Hang des "Todesbergs".
Alle hatten unerklärliche Verletzungen. Ihr Zelt war eingestürzt, ohne erkennbare Ursache. Drinnen war die Ausrüstung ordentlich abgestellt und Proviant auf einem Teller vorbereitet, als hätte die Gruppe gerade essen wollen. Die Zeltplane war zerschnitten, wie Untersuchungen feststellten, von innen. Irgendwer oder irgendetwas hatte die Gruppe aufgestört und in solche Panik versetzt, dass sie Hals über Kopf flohen. Was immer das war, befand sich vorm Zelteingang, sodass sie eher ihre als Schutz vor den Elementen essenzielle Unterkunft zerstörten als dieses Etwas zu konfrontieren. Ein Tierangriff wurde ausgeschlossen wegen der fehlenden Fährten, Biss- und Krallen-Spuren. Zumal einer der jungen Männer bei einem vergangenen Treck sogar einen Bären verscheucht hatte. Wie erwähnt, das waren erfahrene Outdoor-Cracks, die schon gefährliche Touren hinter sich hatten, und mit der Natur vertraut waren. Trotzdem versetzte sie etwas in dieser letzten Nacht in schieres Entsetzen.
Eine Rekonstruktion der Ereignisse ergab, dass die Studierenden in unterschiedliche Richtungen geflohen waren, einige so überstürzt, dass sie nichtmal ihre Stiefel anzogen. Dass sie bei den eisigen Nachttemperaturen nicht lange ohne Schutz überleben würden, muss ihnen klar gewesen sein. Eine Teilgruppe versuchte, ein Feuer zu machen, eine andere zum Zelt zurückzukehren. Aber die Bedrohung - die Kälte und das, was ihre Flucht ausgelöst hatte - war stärker und der Zustand ihrer Leichen war ebenso beängstigend wie verwirrend. Dass einige Gruppenmitglieder auf der Flucht ihre Winterkleidung abgelegt hatten, ist noch erklärbar: Paradoxes Entkleiden (paradoxical undressing) tritt bei Bewusstseinstrübung durch schwere Unterkühlung auf. In Panik schien ein Student seinen eigenen Fingerknöchel abgebissen zu haben, ein anderer hatte einen Schädelbruch und einer Studentin fehlten Augen und Zunge. Während sechs Opfer an Unterkühlung starben, kamen die anderen durch Schädelbruch und schwere innere Verletzungen um. Einer der Studierenden hatte Verbrennungen und die Kleidung der Opfer zeigte Spuren radioaktiver Strahlung.
Die offizielle Schlussfolgerung der Ermittler lautete, die Gruppe sei das tragische Opfer einer „Naturgewalt“. Eine solche muss nicht unbedingt aus der landschaftlichen Umgebung kommen. Die sowjetischen Behörden jedenfalls machten den Angehörigen unmissverständlich klar, besser nicht zu viele Fragen zu stellen. Auf die Pathologen wurde Druck ausgeübt, die Ergebnisse der Autopsie unter Verschluss zu halten, und eine Reihe Indizien deuten darauf hin, dass in dem fraglichen Gebiet militärische Missionen ausgeführt wurden. Den Mansi war verboten worden, ihre Rentiere in dem Gebiet zu weiden und statt Grundwassers sollten sie nur noch abgefülltes Wasser trinken. All diese und zahlreiche weitere Details sorgen dafür, dass die Spekulationen bis heute nicht abbrechen. Die Verdächtigungen erstrecken sich von geheimen Waffentests zu Alien-Entführungen über mit psychotropen Pilzen zugedröhnte Mansi-Mörder bis hin zum Yeti. Der fragliche Bergpass erhielt den Namen des Leiters der unglückseligen Gruppe, Igor Dyatlov. Eines steht außer Frage: Was immer damals geschehen ist, braucht dringend eine bessere Verfilmung.