Erwähnungen
Genüsslich und unterhaltsam: Paris und die moderne Kunst
Von Aurea in "Die Abenteuer der modernen Kunst" - Kritik
am Dienstag, 22 Dezember 2015, 08:34 Uhr
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Story: Die Geburt der Moderne: faszinierende Begegnungen mit Picasso, Matisse, Apollinaire, Dali, Breton, Cocteau, Kiki de Montparnasse, Gertrude Stein, Gide, Malraux …
In einer einzigartigen Mischung aus Archivaufnahmen, Fotos, Bildern, Animationen wird der weite Kosmos des Pariser Kunstlebens über eine halbes Jahrhundert hinweg lebendig. Basierend auf der Buchtrilogie des französischen Schriftstellers Dan Franck taucht die sechsteilige Dokumentationsreihe in das Pariser Künstlerleben Anfang des 20. Jahrhunderts ein. Illustrationen, Spielszenen, Animationen und Originaldokumente erzählen von den Erfolgen und Skandalen sowie den Festen dieser bedeutsamen Zeit künstlerischen Schaffens, deren Auswirkungen bis heute spürbar sind. Insgesamt gibt es 6 Folgen:
1: Die Zeit der Boheme (1900-1906)
2: Picasso und Co (1906-1916)
3: Weltmetropole Paris (1916-1920)
4: Die Strassenkünstler von Montparnasse (1920-1930)
5: Libertad! (1930-1939)
6: Mitternacht in Paris (1939-1945)
Kritik: Noch während des Intros fällt der liebevolle Stil auf, in dem die Dokumentation „Die Abenteuer der modernen Kunst“ von Amélie Harrault und Pauline Gaillard, basierend auf den Büchern von Dan Franck, animiert ist. Immer auch orientiert am Stil der jeweils besprochenen Künstler, der jeweils aktuell geltenden Einflüsse lernt der Zuschauer die berühmtesten Künstler von Paris kennen. Es gibt nebenbei zahlreiche Gemälde zu bewundern und auch viele Archivaufnahmen und Szenen aus Stummfilmen, die das Paris von 1900 bis 1945 wieder lebendig werden lassen. In der deutschen Version von Anke Engelke gesprochen entsteht weniger eine trockene Dokumentation, sondern vielmehr eine genüsslich fortlaufend erzählte Geschichte mit wiederkehrenden Protagonisten.
Nun könnte man ja meinen dass es sinnvoller wäre, einfach ins nächste Kunstmuseum zu gehen. Die Kunstmuseen in Europa quellen über, die größten Maler sind über die ganze Welt verteilt und werden munter zwischen Museen hin und her geschoben. Wer einen reinen Überblick sucht, sozusagen das „best of“ der Moderne sehen will, der wäre wohl im Museum auch besser bedient. Sechs Stunden warten hier darauf, entdeckt zu werden, und die beiden Filmemacherinnen lassen sich Zeit, schlendern durch die Straßen von Paris und halten Ausschau nach den Geschichten, die das Leben schreibt. Die Geschichten, die man hören will, die das ganze Bild erst komplettieren, abrunden. Das Leben der Bohemiens in Montmartre, so voller Leben und Ausgelassenheit. Skandale ohne Ende, die Liebe, Freundschaften: ein immer größer werdender Kreis von Künstlern wird hier durch 45 Jahre hindurch begleitet, mit all den Höhen und Tiefen die das Leben mit sich bringt. Das ist faszinierend, manchmal witzig, in den Zeiten der Weltkriege vor allem auch bedrückend.
Anke Engelke ist dabei als Sprecherin eine großartige Wahl. Zunächst erkennt man ihre Stimme kaum, und sie wechselt mühelos zwischen sachlicher Tonlage wenn es um Fakten geht und eine lebhafte Erzählweise, wenn sie Anekdoten aus dem Leben der Künstler erzählt. Amélie Harrault zeigt als Malerin eine unfassbare Bandbreite, denn tatsächlich hat sie alles was in der Dokumentation zu sehen ist, selbst gemalt oder nachgemalt. Kleinigkeiten lassen die Figuren selbst in ihrer minimalistischsten Form lebendig erscheinen und die Vielfalt ihres Stils scheint keine Grenzen zu kennen. Lernen passiert hier nebenbei, im Vordergrund steht der Genuss.
Fazit: Wer ein astreines Lehrstück über Kunst erwartet hat, der dürfte hier wohl enttäuscht werden. Auch sollte vorher klar sein dass Zuschauer, die sich für Kunst so gar nicht begeistern können, hier vermutlich nicht ihre Erfüllung finden werden. Doch wer auch nur einen Funken Interesse für die Entstehungsgeschichte der modernen Kunst in sich trägt, der sollte hier unbedingt zugreifen. Die zu bestaunenden Kunstwerke faszinierend, der sonstige Stil, der zwischen Animation und Archivaufnahmen schwankt, weiß zu bestechen. Ein wundervoller Ausflug in das künstlerische Paris, den man sich nicht entgehen lassen sollte.
Die DVD: Wer des Französischen mächtig ist darf zur Dolby Digital 5.1 Tonspur greifen, alternativ gibt es sowohl Französisch als auch Deutsch und Englisch in Dolby Digital 2.0. Untertitel sind ebenfalls vorhanden, allerdings nur auf Französisch. Die Bildqualität ist zufriedenstellend, aufgrund der Machart fällt sie allerdings stark unterschiedlich aus. Beispielsweise die Archivaufnahmen wurden aber vermutlich nachträglich aufpoliert, sie wirken nur wenig verkratzt. Immer wieder darf man auch Kunstwerke bestaunen, diese sind dann auch farblich sehr schön eingefangen. Extras liegen keine vor, auch auf ein Wendecover wurde verzichtet.
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