Jahresrückblick 2020 - Bristleback
Von OnealRedux in Der große Jahresrückblick der Moviebreak-Redaktion 2020
Scheiß Jahr. Kaum was gesehen, kaum was gemacht und die zwei großen Kinos in meiner Stadt sind dem Virus zum Opfer gefallen. Scheiß Jahr.
DIE TOP 10 FILME 2020:
1. Little Women
The stars aligned.
2. I'm Thinking of Ending Things
Qualvolle Anxiety. Top.
3. Uncut Gems
Eine Achterbahnfahrt, die nur "hoch" fährt.
Reboot done right.
5. Hamilton
"A civics lesson from a slaver, hey neighbor, your debts are paid cause you don't pay for labor." Man kann sagen, was man will. Es ist einfach gut geschrieben. BARS!
6. Wolfwalkers
Nach Song of the Sea und The Breadwinner der nächste Hit aus dem Hause Cartoon Saloon. Shoutout für meine Kommilitonin Sarah, die an der Animation des Films mitgewirkt hat.
7. Ammonite
Porträt einer jungen Frau in Flammen aus dem letzten Jahr macht's besser, aber das Konzept funktioniert auch hier wunderbar. Saoirse Ronan ist immer ein Win. Wenn die franz. Vorlage hierzulande aber 2020 veröffentlicht worden wäre, und nicht im Oktober 2019, wäre der Film meine #1.
8. Palm Springs
Zeitreise-Comedy mal frisch und unverbraucht, endlos charmant und dramaturgisch kompakt.
Trotz einer gewissen Überlänge ist Berlin Alexanderplatz ein Epos, passend zum modernen Deutschland. Mehr!
10. Knives Out
Ein Live-Action "Detective Conan"-Film, ohne Detective Conan. I'll take it.
Erwähnenswert: Happiest Season, Les Miserables, Uncle Frank, Soul, Freies Land
DIE FLOP 5 2020:
1. Tenet
Uuuugh...
Ähm...
Ehh...
GEHEIMTIPPS 2020:
Ich mach mir nicht's vor. Es ist kein guter Film. Ein Film, der scheinbar mit dem Telefon-Post-Prinzip produziert wurde. Selbst am Marketing merkt man: Niemand wusste, was das werden soll. Das Marketing ist all over the place, genau wie der Film selbst. Ist's ein Horror-Film? Ein Coming-of-Age-Drama? Eine Komödie? Ein Thriller? Ein Superhelden-Film? Dennoch hatte ich so viel Spaß mit dem Film. Wenn man halbwegs durch schnallt, dass dieser Film weder konsistent, noch gut aufgebaut ist, kompetent erzählt ist oder generell zu irgendwas taugt und man alle Erwartungen über Bord wirft, macht The New Mutants unfassbar viel Spaß ... und sei es nur deshalb, weil man sich so gut über den Film lustig machen kann. Dem Film ist anzusehen, dass selbst die Autoren und Produzenten und Regisseure irgendwann nach zahllosen Rewrites, Reshoots und Verschiebungen am Ende ihrer Geduld waren und sich gesagt haben "fuck it". Anders kann ich es mir nicht erklären, wie abgefahren und sinnlos und dumm dieser Film irgendwann wird. Der Kinoabend mit der awesome @furuha war echt ein Kino-Highlight in diesem Drecksjahr.
10 MOST WANTED FILME 2021:
MEIN SERIENJAHR 2020 UND SERIEN-ERWARTUNGEN 2021:
Komisches Jahr. Auch im Fernsehen. Staffel 1 von The Mandalorian nachgeholt. Als jemand, der die Force-Sith-Jedi-Seite von Star Wars immer recht uninteressant fand, gefällt mir der Ton und die Richtung von The Mandalorian sehr gut, auch wenn das Storytelling noch etwas holprig wirkte. Excited for S2. 
Vinland Saga ist eines meiner Lieblingsmangas. Adaptiert wird es vom Qualitätsgaranten und "Attack on Titan"-Studio WIT. Ein furchtbares Pacing sorgte dafür, dass ich es, trotz der tollen Animation, nicht über Episode 10 geschafft habe.
Bad Banks Staffel 2 verliert sich selbst und seine Charaktere im Plot-Labyrinth.
GLOW bringt den Zuschauer in Staffel 3 dazu sich zu fragen, warum man diese Serie sofort vergisst, sobald eine Staffel zu Ende ist. GLOW ist eine fantastische Serie, nimmt seine Charaktere sehr ernst und wird mega unterschätzt. Eine Schande, dass sie nach S3 abgesetzt wird. Hoffe weiterhin auf eine finale vierte Staffel.
Queen's Gambit überzeugt mit einer tollen Protagonistin, einer nuancierten Hauptdarstellerin, einer starken Spannungskurve und einer äußerst cineastischen Inszenierung des Schachspielens. Dass die Medikamentensucht jetzt nicht authentisch ist und eher als dramaturgisches Mittel eingesetzt wird, kann man durchgehen lassen.
Castlevania Staffel 3 hat wieder mein Face melten lassen. Lest mehr dazu in meiner Kritik.
Semi-jährlicher Cowboy Bebop-Rewatch war wieder ein voller Erfolg (siehe Kritik), genauso wie die Wiedersichtung von Neon Genesis Evangelion nach einem Jahrzehnt der Abstinenz. Wurde Zeit.
Und mehr Rick and Morty. Was soll man da sagen? Ist weiterhin gut.
Serien-Erwartungen 2021? Ich nehm's wie's kommt. Ich hoffe nur die Cowboy Bebop-Adaption enttäuscht nicht zu 100%. Solange es "okay" ist, bin ich zufrieden. Erwartungen sind low.
DAS JAHR 2020 IN KATEGORIEN:
Ehrlich gesagt, hatte ich dieses Jahr vergleichsweise wenig mit Filmen und Serien am Hut, dafür habe ich dieses Jahr aber mehr Musik gehört, als je zuvor. Deshalb hier meine Top 10 Musikalben 2020: 
1. Phoebe Bridgers - Punisher — Was Phoebe Bridgers mit ihrem Debut vor einigen Jahren andeutete, bestätigte sie dieses Jahr mit ihrem zweiten Album, Punisher. Mit einem unglaublichen Feingefühl für die lyrische Bildhaftigkeit zeichnet die junge Singer-Songwriterin aus Kalifornien das perfekte Porträt einer Generation im Wandel und liefert mit dem Album-Closer I Know The End den perfekten Theme-Song für das Jahr 2020. Was die Production und den Mix angeht, ist Punisher vielleicht nicht das komplexeste Album des Jahres. Da gehen Fiona Apple mit Fetch The Bolt Cutter und auch meine #2, HAIM mit Women in Music Pt. III, interessantere Wege, wenn es um die Musikalität an sich geht, doch sind es letztendlich die melancholischen und enorm selbst-reflektierten Emo-Texte, die Punisher — v.a. im Kontext von 2020 — für mich zum Album des Jahres machen.
Must Listen: "I Know The End", "ICU", "Kyoto", "Graceland Too"
2. HAIM - Women in Music Pt. III — Rock ist nicht tot.... Es ist aber auch nicht mehr das, was es mal war. Jahr für Jahr sterben uns die Guitar-Heros vergangener Jahrzehnte weg und erzwingen ein Überdenken der Rolle der Rock-Musik in unserer modernen Musikkultur. Die drei Haim-Schwestern zeigen eindrucksvoll, wo der Rock in Zukunft noch einen Platz finden kann und trotz dem Verlust seiner einstigen Popularität nach wie vor einflussreicher ist, als jedes andere Genre. Was darüber hinaus so beeindruckt, ist wie anders und dennoch so identitätssicher jeder einzelne Song in diesem Album ist. Von Indie Pop und Soft Rock über 90er R&B, Reggae, bis hin zu Hip Hop, Lo-Fi, Country Rock, Free Jazz, Funk und Electropop werden hier die Einflüsse aus dem ganzen musikalischen Spektrum bezogen, die von keinem anderen als Paul Thomas Anderson in Videoformat gepresst werden.
Must Listen: "The Steps", "3am", "FUBT", "Don't Wanna", "Another Try" ... (eigentlich das ganze Album)
3. clipping. - Visions of Bodies Being Burned — Das Horror-Film-Genre als Grundlage für ein Musikalbum zu nehmen, ist wirklich nichts neues. Black Sabbath bastelten schon 1970 ihr erstes Album um ein ähnliches Konzept herum und kreierten nebenbei einfach mal so den Heavy-Metal-Sound und verpasstem dem neuen Genre gleich eine bis heute ikonische Ikonografie rund um den Teufel, die Apokalypse und dem Okkulten. clipping.'s Visions of Bodies Being Burned ist in vielerlei Hinsicht das 2020er Äquivalent mit einer Soundkulisse, die im besten und gruseligsten Sinne glatt aus Silent Hill gerissen wirkt. Unzählige Klischees und Tropes des Horror-Genres werden clever dekonstruiert, doch gehen clipping. einen Schritt weiter. Das Okkulte, Satan und Dämonen-Rituale machen unseren Eltern schon lange nicht mehr die Angst, wie die Satanic Panic der 60er und 70er. Der gesellschaftliche Horror von heute ist menschlich, unberechenbar, unsichtbar, sinnlos, willkürlich. Und ja, das ist Lafayette/Jefferson aus Hamilton, der da rappt.
Must Listen: "Say the Name", "Check the Lock","'96 Neve Campbell"
4. Soccer Mommy - color theory — Im Angesicht der jangly und fröhlichen Melodien sind color theory die lyrischen Themen um physische und mentale Krankheiten kaum anzusehen. Wenn man erstmal gut zuhört, kann das jüngste Album von Sophie Allison eine durchaus heftige Erfahrung sein, doch klingen ihre Worte nie hohl. In ihrer Substanz beziehen sie sich um die fundamentalsten Wahrheiten des Lebens — Leben und Tod — und gehen über Themen, wie Politik und Beziehungen hinaus, indem sie in ihrer Universalität und Zeitlosigkeit jeden ansprechen können. Zu einem großen Teil von der langsam voranschreitenden und unheilbaren Krankheit ihrer Mutter inspiriert, findet color theory Stärke in der morbiden Dunkelheit, indem sie in helle Töne und angenehme Gitarren-Arbeit gehüllt werden. Wenn man es aber erst mal hinab geschafft hat, wird man nicht wieder aufsteigen wollen, ganz egal, wie makaber, morbid und traurig diese Reise auch wird.
Must Listen: "yellow is the color of her eyes", "circle the drain", "crawling in my skin", "gray light"
5. Dua Lipa - Future Nostalgia — Ehrlich gesagt, hab ich nicht sehr auf die Texte hier geachtet. Ich war zu sehr damit beschäftigt die absolute Pop-Perfektion hier zu bewundern. Ähnlich dem Women in Music Pt. III von HAIM ist Future Nostalgia ein No-Skip-Album. Jeder. Song. SLAPS! Plus: Einfach nur herrlich, wenn ein Pop-Album der Bass-Gitarre so viel Freiraum gewährt und sie den Rhythmus bestimmen lässt.
Must Listen: "Levitating", "Physical", "Break My Heart", "Don't Start Now" ... (eigentlich das ganze Album)
6. Gorillaz - Song Machine, Season One: Strange Timez — Ende 2019, als die Tour für das letzte Gorillaz-Album The Now Now sich auslief, ließ Damon Albarn verlauten, dass es nach zwei aufeinander folgenden Alben für einige Jahre still um Gorillaz werden würde. Stattdessen liefert er das beste Gorillaz-Material seit 2010s Plastic Beach ab. Falls die Pandemie der Grund dafür gewesen sein sollte, hatte der Virus wenigstens eine gute Nebenwirkung.
Must Listen: "The Pink Phantom", "Desolé", "PAC-MAN", "Opium", "Aries"
7. Run The Jewels - RTJ4 — Mit RTJ4 bescheren uns Killer Mike und El-P mit dem perfekten Soundtrack für die soziale Rebellion gegen die Handlanger des Spätkapitalismus. "Look at all these slave masters posin' on yo' dollar!"
Must Listen: "a few words for the firing squad (radiation)", "JU$T", "walking in the snow"
8. Alexandra Savior - The Archer — The Archer ist eine eindeutige Evolution für die junge Singer-Songwriterin aus Oregon. Mit einer tollen Stilsicherheit beweist Alexandra Savior ein Auge für lyrische Nuance und bewegt sich musikalisch in einem herrlich atmosphärischen 70s-B-Movie-Bereich.
Must Listen: "Crying All The Time", "But You", "Howl"
9. Le Butcherettes - DON'T BLEED — Die beste Rock-Band, die keiner von euch kennt: Le Butcherettes. 2019s "bi/MENTAL" war das beste 2019-Album, das niemand kennt. Fast schon als Proof-of-Concept zeigt sich die Band aus Mexiko auf ihrer EP DON'T BLEED von einer ruhigeren und poppigeren Seite. Ich kann erfreut berichten: Es scheint keine Richtung zu geben, die dieser Band nicht steht.
Must Listen: "TUNISIA", "LOVE SOMEONE", "DON'T BLEED IN THE MIDDLE OF THE FOREST" ... (+ "give/UP" und "father/ELOHIM" aus ihrem letzten Album, weil wie gesagt ... criminally underappreciated, braucht mehr Ohren)
10. Taylor Swift - evermore — War nie der größte Swift-Fan. Mit evermore und dem ebenfalls 2020 erschienen folklore geht der Pop-Star mehr in Richtung Folk und Indie. Muss sagen, es steht ihr gut.
Must Listen: "marjorie", "no body, no crime", "long story short"
WAS ICH 2020 VERPASST HABE:
Vielleicht würde es eher Sinn machen, wenn ich aufzähle, was ich nicht verpasst habe...
CORONA HATE ZEIT:
Ich will mein Geld zurück.
FAZIT:
Musik hat mich durch dieses Jahr gezerrt. Naiv optimistisch für 2021. Kann's kaum erwarten, wieder enttäuscht zu werden.
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