Erwähnungen
Jahresrückblick - Stu
Von siBBe in Der große Jahresrückblick der MB-Redaktion 2017
am Sonntag, 31 Dezember 2017, 14:27 Uhr
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DIE TOP 10 FILME 2017:
1. Silence
Gerade, als ich dachte, dass Martin Scorsese nicht mehr wirklich interessant für die heutige Zeit ist, feuert der Meister diese Perle heraus. Eine Gewalt von Film und das auf allen Ebenen. Ein unbequemes, lange nach hallendes Meisterwerk, dessen subjektive Erzählung zum besten gehört, was 2017 über die Leinwände flimmerte. Für mich Scorseses bester seit Kap der Angst.
2. Fences
Ja, hierbei handelt es sich eigentlich um ein abgefilmtes Theaterstück und ja Denzel Washington spielt und inszeniert alles auch wie im Theater. Eine wirkliche, cineastische Ästhetik lässt sich hier nur selten ausmachen. Mir aber völlig egal. Dieses Drama besitzt eine solche unbändige Kraft, dass mich der Film von der ersten Minute an in seine Fänge nahm. Kein großes Kino, aber großes Theater auf der Leinwand. Sehr wohltuend.
3. mother!
mother! ist wüst, löst zunehmend Unbehagen aus, konfrontiert sein Publikum mit der eigenen Machtlosigkeit und versilbert dies alles dazu mit einer großen Portion Orientierungsverlust. Ein Werk welches stetig und wankend umherspringt: Sanft und aggressiv, leise und laut, Lachen und Weinen, Singen und Schreien, energetisch und katatonisch, lebendig und tot. Ob einem das gefällt steht auf einem anderen Blatt Papier. Aber alleine die Erfahrung sollte es wert sein.
4. The Killing of a Sacred Deer
Wenn man Dogtooth und The Lobster kennt, dürfte der Stil von Regisseur und Autor Yorgos Lanthimos schon recht vertraut wirken, so dass The Killing of a Sacred Deer vielleicht schon etwas Gewöhnliches inne hat. Aber genau das gefiel mir. Es war wie eine Rückkehr in einen Mikrokosmos der fremd und dennoch so nah erscheint, dass ich im Kino saß und wie ein kleines Kind staunte, mit welcher Hingabe, Präzision und Boshaftigkeit er die Regeln unserer Welt sezierte.
5. Get Out
Eine wunderbare Melange aus Horror, Humor und gesellschaftlicher Bestandsaufnahme. Regisseur Peele versteht es wirklich gut Unwohlsein, Unerklärliches und urigen Grusel-Topos miteinander zu vereinen. Get Out ist spannend, atmosphärisch, amüsant und sehr eigen. Ein Film der seinen Erfolg absolut verdient hat.
6. Detroit
Dokumentarisch, roh, radikal, politisch und niederschmetternd. Kathryn Bigelow at her best. Zu Beginn tastete ich noch nach Fixpunkten. Wo sind die Hauptfiguren? Wo die Plotline? Bigelow lässt einen am langen Arm verdursten und öffnet einem so erst die Augen für ihre deutlich mit Wut, Schmerz und Ohnmacht erstellte Schreckenssymphonie. Detroit schlägt in die Magengrube, hat ein Bekannter zu mir gesagt. Stimmt. Aber außerdem schuppst er einen noch herum und tritt gerne auch einmal zu. Schön? Nein, aber großartig.
Schneeflöckchen hat einfach ein sichtbares Vertrauen gegenüber der eigenen Qualität. Hier wird sich nicht angebiedert und hier wird sich auch nicht versteckt. Ein Projekt mit dem Herz am rechten Fleck und der Hand in der angeschwellten Hose. Aber auch eine Produktion die sichtbar mit Eifer, Herzblut, Engagement und Hintergedanken entwickelt und durchgeführt wurde.
8. Suburra
Ich kann es nicht verleugnen. Ja, ich habe eine Schwäche für neorealisitsche Gangsterfilme. Stefano Sollimas Suburra bedient das in Perfektion: Düster, pessimistisch, frei von Glanz, dafür aber durch und durch glänzend inszeniert und gespielt. Ein Film der gekonnt den Tanz auf dem Vulkan in Szene setzt.
9. Moonlight
Wie es Regisseur Barry Jenkins gelingt drei Lebensabschnitte miteinader verschmelzen zu lassen hat mich tief beeindruckt. Gleiches gilt für die umwerfende Schönheit und Kraft, die in dem Drama steckt. Dazu noch der vermutlich beste Score des Jahres. Verdienter Oscar-Sieger.
Dieser Film war eine große Freude. Als Kenner und Fan des gleichnamigen Buches und The Room bot mir James Francos Regiearbeit genau das, was ich mir erhofft hatte. Ohne sich zu sklavisch an den Roman zu halten, gelingt es ihm mühelos dessen Essenz einzufangen und dies sehr unterhaltsam und enorm kurzweilig. So kurzweilig sogar, dass die größte Enttäuschung für mich war, dass der Film zu Ende ging und ich gerne noch etwas länger in dieser schrägen Welt über die Perversion von Talent dabei gewesen wäre. Endlich ein neuer Ed Wood!
Folgende Filme will ich nicht unerwähnt lassen: Loving, The Party, Wind River, Guardians of the Galaxy Vol. 2, Logan - The Wolverine, T2: Trainspotting, Manchester by the Sea, Baby Driver, Valerian - Die Stadt der tausend Planeten, Dunkirk, The Square, Planet der Affen: Survival, Aus dem Nichts und Coco - Lebendiger als das Leben.
DIE FLOP 5 2017:
1. Fack ju Göhte 3
Mir war klar, dass die Reihe beim Abschluss nicht plötzlich den Kur wechselt. Mir war aber nicht klar, dass Teil 3 so ein widerlicher, inkompetenter, hassenswerter und durch und durch fadenscheiniger Murks wird, in dem u.a. Mobbingopfer für miese Witze herhalten müssen. Schon lange löste kein Film mehr solche Abscheu bei mir aus wie dieser
2. Girls Trip
Der Film hat mich besiegt: 20 Minuten vorm Ende bin ich gegangen. Das hab' ich zuvor nur beim ersten Pokemon-Film von 1999 getan.
3. Rings - Das Böse ist zurück
Ganz ehrlich: Ich war noch nie großer Fan von Nippon-Horror, aber kein Genre hat so einen Film verdient. Alleine die ersten Minuten sind grauenhaft. Vielleicht sollte Rings - Das Böse ist zurück von anderen Horror-Regisseuren als Lehrfilm gesehen werden, um es einmal besser zu machen. Solltte machbar sein, die Hürde hängt tief.
Zum Film passende Meinungswiedergabe:
5. Liebe zu Besuch
Nach der Sichtung diesen sonnendurchflutenden Werbefilms für dekorative Inneneinrichtungen und amerikanischen Wein habe ich auf dem Heimweg den Anblick jeder dreckigen Pfütze und jeder verbrauchte Gestalte die mir entgegen kam genossen. Liebe zu Besuch war so elendig steril, dass die Leinwand nach Sagrotan roch.
Hier noch rasch eine Auflistung der Filme, die mich enttäuscht haben, bzw. nicht meine Erwartungen erfüllten: La La Land, Alien: Convenant, Das Gesetz der Familie, Atomic Blonde, Mord im Orient-Express, The Circle und The Lego Batman Movie.
GEHEIMTIPPS AUS DEM JAHR 2017:
Klare Sache, hier muss und sollte ich noch einmal Schneeflöckchen erwähnen. Auch Suburra fand meines Erachtens unter dem Radar statt, genau wie Free Fire und Die Nile Hilton Affäre. Ein Film, der klar seine Mankos hatte, aber der alleine wegen seiner interessante Geschichte zum Ansehen einlädt war dieses Jahr A United Kingdom. Nach dem Desaster mit Die Mumie (natürlich kein Geheimtipp!), haben leider einige Barry Seal - Only in America verschmäht. Den sollte man nachholen! Jetzt im Kino sehen sollte man und Frau hingegen Loving Vincent.
10 MOST WANTED FILME 2018:
The Happytime Murders
Apostle
Die Unglaublichen 2
The Man Who Killed Don Quixote
Ready Player One
The Shape of Water - Das Flüstern des Wassers
Best F(r)iendsVol. 1 & Vol. 2
Solo: A Star Wars Story
Deadpool 2
Avengers: Infinity War
MEIN SERIENJAHR 2017:
Klares Highlight waren ohne Zweifel David Simons The Deuce und die deutsche Gangsterserie 4 Blocks. Ebenfalls nicht zu verachten waren die ersten einanhalb Staffeln von The Good Place, die dritte Season Rick and Morty und Doctor Foster. Besondere Erwähnung dafür, dass auch Staffel 2 von Stranger Things bei mir nur ein Schulterzucken auslöste und dass Mindhunter (ebenfalls Netflix) dafür umso großartiger war. Auch toll: Kollege Macky hat dieses Jahr The Wire gesehen, was die Tore öffnet für viele, lange, schöne Gespräche. Omar is comin'. Ansonsten sei noch gesagt dass Staffel 2 von F is for Family gelungen ist, mir The Young Pope nicht wirklich zusagte, Big Mouth Potenzial hat noch richtig toll zu werden, die letzte Season Ash vs. Evil Dead kurzweilig aber spannungsfrei war und das Marvel's The Punisher trotz klarer Qualitäten seinen Hype letztlich nicht wirklich verdient hat.
FAZIT, oder so ähnlich:
War es eigentlich die letzten Jahre auch so schwer seine Top-Filme des Jahres zu sortieren? Seit gut einer Woche (zur Info: dieser Text entstand am 28.12., um 19:45, bei einer Tasse guten Glühweins) schiebe ich Filmtitel auf imaginären und virtuellen Listen umher, wäge hier und dort ab, hinterfrage meine Entscheidungen, schwanke zwischen Zufriedenheit und dem Gefühl, dass irgendetwas sich noch nicht richtig rund anfühlt. Jahresrückblicke sind Arschlöcher. Letztes Jahr konnte ich ohne zu Zögern meine Top-Filme nennen – so zumindest in meiner (wahrscheinlich) verdrehten Erinnerung. Dieses Jahr will mir das nicht gelingen und es liegt nicht am Mangel guter bis sehr guter Produktionen. 2017 gab es einige davon. Klar, Flops waren auch vorhanden, aber wenn ich durch die Liste meiner 101 Kinofilme scrolle, die ich in den letzten 12 Monaten im gesehen habe, findet sich dort doch recht viele, mit denen ich eine gute Zeit verbinde. Ich fürchte dieses Jahr werde ich keinen Rückblick, bzw. Bestenliste machen, mit der ich zu 100% im Reinen bin. Einfach zu viele Filme rangeln um die hinteren Plätze meiner Top 10. Es wird Zeit für ein radikales Durchgreifen. Ich trink jetzt den Glühwein aus, dann mach' ich die Schoße fertig und werde sie dazu noch in den sozialen Netzwerken posten, damit es auch der Rest der Welt sehen kann: Sehe Stu hat seine Tops undFlops verkündet! Und der Rest der Welt so: Hä? Wird sicher ganz toll. Besser jedenfalls, als dieses Jahr die Bestenliste zu machen.
Nachtrag: 29. 12., 21:48: Das Filmjahr war übrigens ganz gut.
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