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Der letzte Tango in Paris [1972] - Levins Meinung

Souli

Von Souli in Bilder des Zerfalls: Im Klammergriff der Kontroverse – Teil 3

Der letzte Tango in Paris [1972] - Levins Meinung

Bernardo Bertolucci zeigt in seinem sechsten Film, der so viel Kritik wegen seines sexuellen Inhaltes einstecken musste, letzten Endes eine Geschichte über innerer Werte. Marlon Brandos Charakter Paul (den er überragend darstellt) ist ein verzweifelt zielloser Mensch, der seine Existenz und die der Welt verabscheut und für den Tag für Tag eine neue Schwerstaufgabe zu sein scheint. Die Brücke, auf der die Handlung einsteigt und später auch noch eine weitere wichtige Szene stattfindet, ist die berühmte Bir-Hakeim-Brücke. Endlos weit in die Ferne scheint sie zu reichen. Paul schreit vor trauriger Wut in sich hinein. An dem Fundament der Brücke sind zwei Skulpturen, die sich krampfhaft an ihr festklammern. Paul scheint die Welt um sich herum nicht mehr verstehen zu können, ihm missfällt der immer stärker werdende Druck von außerhalb. Der Druck, regelkonform und unauffällig eingeschränkt zu leben.

Paul möchte sich deshalb von der Außenwelt abschotten und dies gelingt ihm mit der Wohnung, die er zusammen mit Jeanne mietet und in der er sich mit der 25 Jahre jüngeren Französin zum Reden und Sex trifft. Ihre Wohnung wird zu einer Höhle, einem Ort der freien Entfaltung. Ein Ort, an dem Abwägungen und Zweifel nicht existieren, sondern nur die pure Spontanität und Natürlichkeit. Die Frage, ob damit das Menschsein erreicht oder abgelegt wird, muss sich der Zuschauer selbst beantworten. Die Wohnung wird zu einem Ort der passiven Anarchie, in dem soziale, gesellschaftliche, politische und wirtschaftliche Werte nicht existieren, sondern nur emotionale und unverfälschte Aktionen und Einstellungen. Paul erhofft sich darin eine Abkehr von der Außenwelt, die von Selbstdestruktion und Profitorientierung geprägt zu sein scheint und in der die Realität lieber vorgespielt als ausgelebt wird.

Dem Film und Bernardo Bertolucci wurden vorgeworfen, sich an der Unterdrückung der Frauen und der Beschäftigung mit Erotik zu ergötzen. Das ist insofern schade, dass es zeigt, dass sich jene Kritiker nur oberflächlich mit diesem hochinteressanten und detaillierten Film und Figurenkonstrukt auseinandergesetzt haben. Paul verhält sich zwar chauvinistisch, gar verachtend, mindestens aber egoistisch. Jedoch ist eine Darstellung zu keiner Zeit mit einer Gutheißung oder Unterstützung gleichzusetzen. Paul ist kein Held, er ist der tragische Charakter in diesem Film, der dem Unerreichbaren hinterherläuft. Er hat aufgegeben zu fühlen, er ist ein Allround-Pessimist und schneidet sich mit jeder chauvinistischen Tat und jedem respektlosen Wort selbst ins Fleisch, weil er über die Grenzen schlägt und nicht mehr zurück auf den beschrittenen Pfad findet. Er war auf der Suche nach der Erfüllung findet jedoch nur die so verachtete Selbstdestruktion der Außenwelt.

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